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Die Schattenwirtschaft – ein Wirtschaftsrisiko für Bulgarien

Laut dem Vizepräsidenten der Bulgarischen Wirtschaftskammer, Kamen Kolew, nehme die Schattenwirtschaft einen Anteil von 40 bis 45 Prozent der Wirtschaft des Landes ein.
Foto: BGNES
Im ersten Halbjahr 2010 verzeichnete Bulgarien mit Minus fünf Prozent den größten Wirtschaftseinbruch innerhalb der Europäischen Union. Um wieder schwarze Zahlen schreiben zu können, wäre bis Jahresende ein Wirtschaftswachstum von mindestens sechs Prozent erforderlich. Denn dem Haushalt 2010 liegt ein Plus von einem Prozent des Bruttoinlandsproduktes zugrunde, im Haushaltsentwurf für 2011 sind es 3,6 Prozent und das ohne Garantie, dass diese auch erreicht werden. In diesem Kontext berge das für die Erholung der Wirtschaft so wichtige Wachstum eine Reihe von Risiken, meint der Vizepräsident der Bulgarischen Wirtschaftskammer, Kamen Kolew. In einem Interview für Radio Bulgarien verweist er, einer der Hauptfaktoren mit direkten Auswirkungen auf die wirtschaftliche und damit auf die nationale Sicherheit Bulgariens sei der enorme Anteil der Schattenwirtschaft.

„Das Problem besteht darin, dass die Schattenwirtschaft genau diese Finanzen generiert, die dann später für Korruption und Verbrechen ausgegeben werden – kommentiert Kamen Kolew. – Mit der Begrenzung der Schattenwirtschaft würden wir die Finanzströme, über die sich das Verbrechen in Bulgarien finanziert, auf direktem Wege unterbrechen. Wir können die Schattenwirtschaft nicht unterbinden, deren Ausmaß jedoch zumindest begrenzen. Eine Studie der Bulgarischen Wirtschaftskammer zufolge nehme die Schattenwirtschaft inzwischen einen Anteil von 40 bis 45 Prozent der Wirtschaft des Landes ein. In diesem Sinne sind die Maßnahmen zur Begrenzung der Schattenwirtschaft für die nationale Sicherheit unter wirtschaftlichem Aspekt von primärer Bedeutung. Ein derartiges Maßnahmenpaket wird bereits umgesetzt. Diese Maßnahmen könnten entsprechend einer Einschätzung des Finanzamtes die Schattenwirtschaft um 80 Prozent eindämmen.“

Die offiziellen Angaben der nationalen Statistik unterscheiden sich jedoch drastisch von den Zahlen der Bulgarischen Wirtschaftskammer. Laut Statistik beläuft sich der Anteil der Schattenwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt lediglich auf 10 bis 12 Prozent. Auch in diesem Fall würden rund drei Milliarden Euro in der Grauzone verschwinden, vermerkt Kamen Kolew. „Diese Gelder werden nicht deklariert und finanzieren gleichzeitig kriminelle Vorhaben. Deshalb, so Kolew, müssten diese begrenzt werden. Mit welchen Maßnahmen soll das erreicht werden?

„Einschränkungen für Cash-Zahlungen sowie die Überweisung der Gehälter auf dem Bankweg beispielsweise. Eine sehr wichtige Maßnahme ist zudem der Zugriff auf Kreditdaten. Viele Privatpersonen und Firmen deklarieren lediglich Minimalgehälter und Gewinne, tilgen jedoch gleichzeitig umfangreiche Kredite. Hier bietet sich eine Überprüfung der Finanzquellen geradezu an. Genau aus diesem Grund muss dem Finanzamt der Zugriff auf die Daten von Privatpersonen und Unternehmen gewährleistet werden. Eine weitere Maßnahme ist die Direktverbindung der Kassenapparate der Unternehmen mit dem Finanzamt. Alle diese Maßnahmen könnten im kommenden Jahr das Ausmaß der Schattenwirtschaft begrenzen. Mit der enormen Ressource von drei Milliarden Euro aus der Schattenwirtschaft könnten beispielsweise Haushaltslöcher gestopft und die Gehälter und Renten erhöht werden.“

Die Bulgarische Wirtschaftskammer misst zudem dem Problem der Wettbewerbsverzerrung einen wichtigen Stellenwert bei. Denn unter der Schattenwirtschaft leiden vor allem korrekte Steuerzahler. Der Staat jedoch, so Kolew, würde ihnen zusätzliche Steuern und Versicherungsbeiträge aufbürden, um damit die Ausfälle durch unkorrekte Steuerzahler zu kompensieren. Die Folge ist unloyale Konkurrenz. Im kommenden Jahr setzen wir auf niedrige Steuer- und Versicherungssätze, um so die früheren Investoren in das Land zurückzuholen. Auch hier sind die Maßnahmen gegen die Schattenwirtschaft von enormer Bedeutung, da die meisten Investoren in der Realwirtschaft arbeiten. Sie sind Träger bewährter sozial-kooperativer Praktiken und leiden, wie ein Großteil der bulgarischen Wirtschaft auch, unter der Präsenz der Schattenwirtschaft.

Ein weiterer Risikofaktor ist Kolew zufolge die Verschuldung unter den Unternehmen, was teilweise auf die verzögerten Zahlungen seitens des Staates zurückzuführen ist. Kamen Kolew erklärt Einzelheiten:
„Die Dienstleistung oder der Auftrag wurden erfüllt, allerdings erfolgt die Zahlung nicht in der vorab vereinbarten Frist. Diese verzögerten Zahlungen behindern die Wirtschaft und begrenzen höhere Wachstumsmöglichkeiten. Deshalb ist es wichtig, dass der Staat seine Zahlungsverpflichtungen aus öffentlichen Aufträgen fristgemäß begleicht, damit die Firmen die Subauftragnehmer, Arbeiter u.a. bezahlen können. Seitens der Staates werden die Zahlungsfristen nunmehr um mehr als ein Jahr verzögert. So generiert der Staat scheinbar selbst die Verschuldung zwischen den Firmen.“

Laut Kamen Kolew seien jedoch bereits die ersten Anzeichen einer wirtschaftlichen Erholung zu verzeichnen. Ein Indikator dafür seien Kolew zufolge die Exportzahlen, die einen konstanten Aufwärtstrend verzeichnen. Seit April 2010 legt Kolew zufolge auch die Einfuhr zu, was wiederum dem Haushalt Einnahmen bringt. Andererseits schrumpfe der Binnenkonsum, so Kolew weiter.
Entsprechend dem Haushaltsplan könnte Bulgarien bis Jahresende schwarze Wachstumszahlen schreiben, meint der Wirtschaftsexperte. „Ob am Jahresende unter dem Strich ein Wirtschaftswachstum von einem Prozent herauskommt, bleibt abzuwarten.“

Übersetzung: Christine Christov
По публикацията работи: Tatjana Obretenowa


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