Sendung auf Deutsch
Textgröße
Bulgarischer Nationaler Rundfunk © 2024 Alle Rechte vorbehalten

Des Denkmals neue Kleider

БНР Новини
Foto: BGNES

Statuen russischer Soldaten, bulgarischer Partisanen und sozialistischer Helden erwachen in der bulgarischen Hauptstadt immer häufiger in ungewohnten Farben und sehen jedes Mal überraschend anders aus. Die Designer sind junge Leute, die sich mit Street art und konzeptuelle Kunst beschäftigen. Die Botschaften sind verschieden - manchmal ästhetisch, zuweilen aber auch ideologisch. Unabhängig von der Auslegung weckt jede neue Aktion neue und kontroverse Reaktionen in allen Kreisen der Öffentlichkeit.

Eines der „beliebtesten“ Denkmäler für Umgestaltungsaktionen ist das der Sowjetarmee im Zentrum Sofias. Die Diskussionen und zuweilen heftigen Streitigkeiten über seinen Sinn und seinen Standort im Zentrum der bulgarischen Hauptstadt begannen bereits nach dem Fall des Totalitarismus 1989, haben aber immer noch keine allseits befriedigende Lösung gefunden. Die Menschen sind sich nicht einhellig darüber, ob dieses Denkmal einen historischen Wert besitzt, oder lediglich ein finsteres Symbol der totalitären Vergangenheit ist.

Foto: BGNES

Letztes Jahr wurde das sowjetische Denkmal mit Rosafarbe gestrichen und auf dem Sockel geschrieben: „Bulgarien entschuldigt sich”. Der Anlass dafür war der 45. Jahrestag der Invasion in die damalige Tschechoslowakei durch die Armeen des Warschauer Vertrages. Das hatte dem sogenannten Prager Frühling ein Ende bereitet. Bulgarien war nach der Sowjetunion das erste Land gewesen, das auf einen militärischen Eingriff beharrt hatte und das letzte, das sich mit Parlamentsbeschluss darüber entschuldigte (1990).

Foto: BGNES

Im vergangenen Jahr wurde das Denkmal in eine Protestaktion zur Unterstützung für die russische Punkgruppe Pussy Riot einbezogen, die gegen die Diktatur von Wladimir Putin auftritt.

Zuvor, im Juni 2011, erwachten wiederum die Statuen der sowjetischen Soldaten als amerikanische Comicshelden, wie Superman mit einer Pistole, der Missetäter Joker, der Helfer von Batman - Robin, selbst Santa Claus fehlte nicht, der mit einem Fernglas bewaffnet erschien und sogar das Symbol von McDonald’s - der Clown Ronald konnte deutlich identifiziert werden. Die sowjetische Fahne ihrerseits wurde zur amerikanischen und unter der Skulpturengruppe stand die Losung: “Im Trend liegen”...

Foto: BGNESDie Gemeindeleitung von Sofia hat immer noch keine Entscheidung getroffen, was mit dem Denkmal passieren soll. Indessen gibt es immer neue und neue Aktionen unbekannter Künstler. Wegen der Einmischung Russlands in das autonome Gebiet Krim, wurde das Denkmal letzte Woche mit einer roten Aufschrift dekoriert: “Lässt die Ukraine in Ruhe!”

„Ein sowjetisches Denkmal in der bulgarischen Hauptstadt Sofia wurde mit den Färben gelb und blau gestrichen. Das sind die Farben der ukrainischen Fahne. Das ärgerte Russland.” So berichtete die BBC über die neuerliche farbliche Umgestaltung des Sowjetdenkmals. Die russische Botschaft in Bulgarien scheute nicht teilnahmslos zu und sandte eine offizielle Protestnote an das bulgarische Außenministerium, in der auf eine Ermittlung bestanden wird. Die Tat sei rowdyhaft und müsse bestraft werden, hieß es.

Foto: BGNES

Zum 1. März wurde ihrerseits die Gedenkstätte “Bratska mogila” (Freundschaftshain) als Martenitza verkleidet. Die Martenitza ist ein bulgarisches Symbol des Frühlings in den Farben Rot und Weiß. Deshalb wurden die Figuren in roten und weißen Laken verpackt. Die Gruppe „Destructive Creation”, die die Idee realisierte, wählte gerade dieses Denkmal, um auszudrücken, dass wir nicht fremde Idole verehren, sondern die typisch bulgarischen Symbole finden und bewahren müssen.

Danach erschien das Denkmal in der Farben der polnischen und der ukrainischen Fahne, wegen des sogenannten Massakers von Katyn, das am 5. März 1940 in einem Wald beim Dorf Katyn verübt worden war. Dieses Massaker, angeordnet von Stalin und durchgeführt vom sowjetischen Volkskommissariat für Innere Angelegenheiten (NKWD), gehörte zu einer Serie von Massenmorden an rund 25.000 Offizieren, Polizisten und Intellektuellen Polens in den damaligen Sowjetrepubliken Russland, Ukraine und Weißrussland.

Was symbolisieren die Soldaten-Statuen der Sowjetarmee? Diese Frage ist noch offen und spaltet nach wie vor die Gesellschaft. Die Bulgaren lebten Jahrezehnte lang mit dem Klischee der “Brüder Befreier”, begreifen aber langsam, dass die Geschichte auch aus einem anderen Blickwinkel betrachtet werden kann.



Последвайте ни и в Google News Showcase, за да научите най-важното от деня!

mehr aus dieser Rubrik…

Foto: Nationales Archäologisches Reservat Deultum - Debelt

Flasche mit Abbildung der Chimära in römischer Nekropolebei Debelt entdeckt

Archäologen haben in einem Grab aus dem 2. Jahrhundert in der südlichen Nekropole der römischen Kolonie Deultum in der Nähe des Dorfes Debelt (in Südostbulgarien) eine sehr seltene und wertvolle Glasflasche entdeckt. Das Besondere daran ist, dass..

veröffentlicht am 09.11.24 um 10:25

Die Stiftung Theodora von Auersperg beginnt ihre Arbeit in Bulgarien

Der Schutz von Tieren und benachteiligten Kindern sowie die Förderung verschiedener kultureller Initiativen sind von grundlegender Bedeutung für die Verbesserung des Lebensumfelds in unserem Land. Die talentierte Pianistin Nadeschda Zanowa..

veröffentlicht am 04.11.24 um 08:40

Marijan Iwanow gegenüber Radio Bulgarien: Bulgarien hat sich in den letzten 20 Jahren sehr positiv verändert

Das Leben ist eine Aneinanderreihung von Zufällen, die es manchmal in ein Märchen verwandeln. Eine Begegnung während einer bulgarischen Disco-Nacht in den USA veränderte das Leben unseres Landsmannes Marijan Iwanow und heute ist er glücklich mit seiner..

veröffentlicht am 30.10.24 um 08:40