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Spannungen zwischen Staat und Geschäftswelt

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Foto: BGNES

Seit Anfang September hat der Staat eine massive Offensive gegen prominente Vertreter der bulgarischen Geschäftswelt gestartet, denen er Geldwäsche, Steuerhinterziehung, Veruntreuung von EU-Mitteln, Fälschung öffentlicher Auftrage, Schmuggel und illegale Produktion von Alkohol und Zigaretten vorwirft.

Zur ersten Zielscheibe der Ermittler wurden einer der größten Hotelbesitzer in Bulgarien, Wetko Arabadschiew, dessen Familie und Geschäftspartner. Allein schon die Tatsache, dass bei der Durchsuchung einiger seiner Hotels im Land mehr als 5 Millionen Euro Cash ungeklärten Ursprungs gefunden wurden, sorgt für Argwohn. Während die Behörden seine mutmaßlichen Verbrechen aufzudecken versuchen, verbrachten der Hotelier und seine Ehefrau idyllische Stunden auf ihrer Villa an der Côte d’Azur. Es ist ungewiss, wo sie sich derzeit befinden. Eines ist aber sicher – in Bulgarien sind sie nicht. Die Ermittler sind überzeugt, dass die ganze Familie Arabadschiew illegale Geschäfte betreibt und das Geld, dass in ihren Büros gefunden wurde, nicht mit ehrlicher Arbeit verdient wurde.

Nach dem Hotelwesen rückte das Alkohol-Business ins Visier der Fahnder. Der Inhaber der zweigrößten Brennerei Bulgariens in der Stadt Karnobad Minjo Stajkow wurde festgenommen. Danach wurde seine Fabrik für die Produktion von Spirituosen und Wein penibel durchsucht, auf der Suche nach Beweisen für illegale Produktion und Steuerhinterziehungen. Eine der größten Business-Damen in Bulgarien Petja Slawowa kam nur mit einer „routinemäßigen“ Zollkontrolle ihrer Weinkellerei „Schwarzmeergold“ davon.

Zur Liste der Aktionen der Ordnungshüter kam auch der Skandal zwischen einem der größten Bauunternehmen im Land „GP Group“ und Premier Bojko Borissow dazu. Nachdem in den Medien Informationen über die Veruntreuung von EU-Geldern seitens dieser Firma erschienen sind, hat Premier Borissow angeordnet, sie von allen Projekten zu beseitigen, die mit Mitteln aus Brüssel finanziert werden.

All diese Offensiven gegen vermutliche kriminelle Praktiken von Großunternehmern zeugen von Spannungen zwischen der Geschäftswelt und den Behörden. Worum es sich dabei aber exakt handelt und wer und weshalb sie schürt, ist ungewiss, genau wie unklar ist, ob die öffentlich angeprangerten Straftaten auch tatsächlich begangen wurden. Klar aber ist, dass die strengeren Maßnahmen gegen Schattenwirtschaft, Korruption und Missgriffe definitiv das Image der jetzigen Führung aufpolieren. Menschen, die es zu Reichtum und Erfolg gebracht haben, mag in Bulgarien in der Regel nicht, denn hierzulande dominiert die Meinung, dass ihr Wohlstand nicht von ehrlicher Arbeit kommt. Aus dieser Sicht aus betrachtet wird das Ranking der Regierenden definitiv steigen. Eine ganz andere Frage ist, dass es auch in der Vergangenheit solche Skandale, Arreste, Durchsuchungen und Beschlagnahmen gab, bis auf den heutigen Tag aber kein einziger Großunternehmer real verurteilt worden ist. Nicht von ungefähr zählt man in Brüssel die Justiz zu den größten Schwachstellen in Bulgarien, weil man sich nicht auf sie verlassen kann, komplizierte Fälle aufzudecken und im Einklang mit dem Gesetz zu richten. Bulgarien braucht aber ehrliche, aufgeschlossene Geschäftsleute, die die Gesetze einhalten und die Geschäftswelt wiederum braucht Stabilität und Achtung seitens der Behörden.

Übersetzung: Rossiza Radulowa



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