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Durst nach der Wahrheit – 146 Jahre nach dem Heldentod von Christo Botew

Foto: facebook/iskrenkrasimirov23

Es ist wieder der 2. Juni, der Tag, an dem wir unser Haupt vor den Helden verneigen, die für die Freiheit Bulgariens gefallen sind. An diesem Tag ertönen wieder die Sirenen, wir erinnern uns wieder an die Kampflieder, legen Blumen und Kränze vor den Denkmälern von Botew und Lewski nieder – unseren zwei größten Nationalhelden, die ihr Leben für die Freiheit Bulgariens geopfert haben. Vielleicht sollten wir aber unseren Blick in die Vergangenheit richten und unsere Geschichte eingehender betrachten, die besagt, dass der Dichter und Revolutionär Christo Botew am 2. Juni im Kampf mit dem Feind bei Wraza gefallen ist. Er wurde von einer feindlichen Kugel getroffen und ist für immer dort verblieben, wo ihn der Tod eingeholt hat.

Um die Tradition am heutigen 2. Juni einzuhalten, werden viele patriotisch gesinnte Bulgaren heute auf den Gipfel steigen, wo er gefallen ist, um Kränze und Blumen vor dem Denkmal des Helden niederzulegen. Es werden wieder pathetische Worte erklingen und dramatische Szenen aus der Geschichte in Erinnerung gerufen. Allerdings sind wir, die wir heute in einem freien und unabhängigen Bulgarien leben, noch weit von den Idealen des Dichters entfernt, der den größten Stellenwert der Wahrheit zusprach. Das Streben nach dieser von Botew ersehnten „Wahrheit“ ist uns heute umso wichtiger. Davon sind die Autoren der Dokumentarfilmserie „Das unvergessliche Bulgarien“ überzeugt. In diesen Filmen wird ein ziemlich heikles Thema behandelt, nämlich der Tod des Helden. Autor ist der Dokumentarfilmregisseur Iskren Krassimirow. Anlässlich des 2. Juni stellt er auch sein erstes Buch mit dem Titel „Botews Tod. Geheimnisse, Erinnerungen, Lügen“ vor, das bereits auf dem Buchmarkt ist.

Darin nimmt Krassimirow auf der Grundlage von Dokumenten und Zeugenaussagen von Zeitgenossen Botews eine fast kriminologische Untersuchung vor. Und obwohl das Thema sehr schmerzhaft ist, greift er es auf, weil er glaubt, dass wir Christo Botew jetzt, 146 Jahre nach seinem Tod, die Wahrheit schulden. „Deshalb müssen wir die Fakten eingestehen, egal wie unschön sie auch sind. Es stellt sich heraus, dass Botew von seinen Freischärlern getötet wurde. Und sie haben Namen. An diesem Verrat ist nicht die gesamte Nation schuld“, sagte Iskren Krassimirow und weiter:

„Ich stelle im Buch neue sensationelle Dokumente und Erinnerungen an den Tod von Christo Botew vor. Und ich denke, es gibt Raum für neue Entdeckungen über das Leben und den Tod von Christo Botew, denn bereits im Jahr 1926 schrieb Prof. Bojan Penew in der Zeitschrift „Slatorog“: „Sind wir heute so weit von der Wahrheit entfernt, wer Botew getötet hat und das nur 50 Jahre nach seinem Heldentod?“ Wenn man das Buch liest, wird man verstehen – wer genau an dem Tod von Botew schuld ist. Es ist wichtig, dass wir auch nach so vielen Jahren die Wahrheit erfahren. Sie wird uns die Augen öffnen und uns helfen, jenes Bulgarien aufzubauen, von dem sowohl Botew als auch Lewski geträumt haben. Nicht alle Historiker meiden das heikle Thema. Zum Beispiel unterstützt Prof. Plamen Mitew, der das Vorwort zum Buch geschrieben hat, die offizielle These. Er sagt aber, dass meine Recherche rechtzeitig erfolgt und nützlich ist. Nur die wenigsten wissen, dass drei offizielle Kommissionen geschaffen wurden, die behaupten, Christo Botew sei unter unklaren Umständen durch eine feindliche Kugel getötet worden. Aber es ist viel Unklarheit in dieser Behauptung und sie weckt sofort Verdacht. Jetzt besteht großes Interesse daran, dass die Öffentlichkeit die Wahrheit erfährt. Vielleicht wird bald eine neue, vierte offizielle Kommission eingerichtet, mit einem breiteren Spektrum an Teilnehmern. Sie werden die Fakten analysieren. Denn es ist wichtig, ein für alle Mal eine Antwort auf die Frage zu erhalten: Wer hat Botew getötet? Ich hoffe auch, dass wir nächstes Jahr, wenn wir den 150. Jahrestag der Erhängung von Wassil Lewski begehen, die Wahrheit erfahren, wer ihn verraten hat.“

Wir sollten uns täglich an die Ideale von Lewski und Botew erinnern und nicht nur an einem bestimmten Tag, sagt Iskren Krassimirow. Wie viele Menschen an diesem 2. Juni, der ein Arbeitstag ist, wird auch er nicht zum Todesort von Botew pilgern. Aber er kann viel mehr tun:

„Ich hoffe sehr, dass die Mission, der ich mich verschrieben habe, eines Tages Früchte tragen wird. Ich bin oft unter Kindern und lehre sie Patriotismus, anhand der Vermächtnisse von Botew und Lewski. Da ich Botew sehr ähnlich sehe, denken die Kids in den Kindergärten, Botew sie wieder lebendig geworden, um sie zu besuchen. Ansonsten spürt jeder die Last der modernen Sklaverei auf seinen Schultern. Sie hat keinen konkreten Namen, aber sie macht uns abhängig und behindert unsere Entwicklung. Die Geschichte aus der Zeit, da wir unter osmanischer Herrschaft waren, scheint sich zu wiederholen. Nur ist es jetzt eine andere Art von Sklaverei. Botew würde auf keinen Fall unsere Resignation und unser Schweigen billigen. Vergessen wir nicht, dass sowohl Lewski als auch Botew einen Traum hatten – dass wir alle als gleichwertige Menschen in einem freien Bulgarien leben, einander wie Brüder achten und lieben und gemeinsam dieses neue Bulgarien aufbauen.“

Übersetzung: Rossiza Radulowa

Fotos: facebook/iskrenkrasimirov23



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