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Juliana Nikolowa: „Heute ist der Abruf der EU-Fördergelder aus eigenen Kräften die schwierigste Aufgabe für Bulgarien“



Am 1. Januar 2007 trat Bulgarien der Europäischen Union bei. Viele erhofften sich von den Subventionen aus den EU-Strukturfonds mehr Wohlstand. Manche gar über Nacht. Allerdings gibt es in der Europäischen Union bestimmte Regeln. Die für das Land vorgesehenen Fördergelder muss Bulgarien in Eigeninitiative bis Ende des laufenden Finanzrahmens abrufen.

Laut Juliana Nikolowa, Sekretär des Verwaltungsrates für EU-Subventionen, hätten sich die Bulgaren mit den Vorbetrittsprogrammen daran gewöhnt, dass ihnen ständig jemand aus der EU-Kommission zur Seite steht. Als EU-Mitglied, so Nikolowa, müsse sich Bulgarien schon selbst anstrengen. Gegenüber Europäistik-Studenten der Sofioter Universitäten verglich Nikolowa die Mitgliedschaft Bulgariens mit einem Frischkäse, der noch nicht lange genug in der Salzlake gelegen hat, um zu reifen und seinen typischen Geschmack zu erlangen.

„Ein Indikator für unsere Unreife ist, dass wir die EU-Institutionen nach wie vor als Mentor ansehen und nicht als gleichwertigen Partner“, verweist Juliana Nikolowa weiter. „Wir erwarten, dass irgend jemand anderes für uns entscheidet. Warum soll die EU-Kommission an unserer Stelle entscheiden und uns darüber informieren, welche EU-Fonds erfolgreich von uns abgerufen werden und welche nicht, wenn das doch unsere interne Aufgabe ist? Wir müssen selbst in der Lage sein, diese Dinge zu kontrollieren. Es stimmt, seit drei Jahren bereisen wir die EU-Staaten lediglich mit unserem Personalausweis und fühlen uns so als EU-Bürger. Allerdings haben wir uns noch nicht daran gewöhnt, unsere Verantwortung als EU-Mitglied zu tragen, d.h. selbst zu entscheiden. Wir entscheiden über das Europa der Zukunft, über Europa 2020. Jetzt haben wir auch darüber zu entscheiden, wie Bulgarien im Jahr 2020 aussehen soll.“

Laut Juliana Nikolowa müsse beim Abruf von Fördermitteln zunächst einmal für jedes einzelne operationelle Programm eine Risikoanalyse erstellt werden. Zudem, so Nikolowa, müssten Risikoprojekte stärker kontrolliert und die Verfahren für risikoarme Projekte vereinfacht werden. Gegenwärtig sind für einige Projekte bis zu 46 Unterschriften erforderlich. Ein einheitliches Bewerbungsverfahren würde Kandidaten, die diese komplizierte und langwierige Prozedur bereits einmal durchlaufen und deshalb jegliches Interesse an EU-Fördermitteln verloren haben, vielleicht erneut dazu bewegen, sich um gemeinschaftliche Subventionen zu bewerben.

Laut Wladimir Sinowiew, Experte für den Abruf von EU-Subventionen in Südosteuropa, hätten die Staaten der Region die gleiche Probleme wie Bulgarien.

„Es ist kein Problem, ein bestimmtes Projekt zu gewinnen. Das Problem liegt in der Umsetzung und der Abrechnung“, meint Abruf-Experte Wladimir Sinowiew. „Es kommt darauf an, wie Projektfinanzierung strukturiert wird. Das ist keinesfalls eine leichte Aufgabe. Dazu kommt ein Riesenordner mit allgemeinen und spezifischen Umsetzungskriterien für den Nutznießer, was die Arbeit zusätzlich erschwert. Das hilft weder den Nutznießern, noch der Verwaltung, noch der Gemeinschaft. Die EU-Fonds sollen den EU-Staaten bei der Lösung ihrer Probleme helfen, sie sollen den Privatsektor wettbewerbsfähiger machen und beispielsweise adäquate Lösungen im Umweltmanagement auf den Weg bringen.“

In diesem Zusammenhang verweist Wladimir Sinowiew auf die Auflage für Bulgarien, bis 2010 Ortschaften mit mehr als 10.000 Einwohnern mit Kläranlagen zu versehen, bis 2014 ausnahmslos alle Ortschaften des Landes. Dafür ist ein Teil der Fördergelder aus dem Umweltprogramm vorgesehen. Falls Bulgarien dieses Problem nicht löse, so Sinowiew, würden dem Land aus diesem Programm rund zwei Milliarden Euro verloren gehen.

Übersetzung: Christine Christov
По публикацията работи: Tatjana Obretenowa


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