Wieder ist es Zeit für eine Neuausgabe der Reihe „Heim und Freizeit“, liebe Freunde. Auch heute habe ich ein Thema ausgesucht, das die meisten von Ihnen interessieren dürfte - wir sprechen von den Bienen und vom Honig – ein Produkt, das über all die Jahrtausende menschlicher Geschichte und Kultur nichts an Beliebtheit und Attraktivität verloren hat.
Bienen bevölkerten unseren Planeten lange vor uns Menschen. Die ältesten fossilen Funde von Bienen, die in Bernstein eingeschlossen sind, werden auf etwa 60 Millionen Jahre datiert. Die kleinen Brummer sind Vegetarier und existieren im Unterschied zu den meisten anderen Insekten in Kolonien, in denen die Arbeitsaufgaben streng unterteilt sind. Neben der Königin und den männlichen Drohnen gibt es im Bienenstock auch Arbeiterinnen, die zur Putzbiene, Ammenbiene, Vorratsbiene, Baubiene oder Wehrbiene werden können - je nachdem, wo gerade Arbeitskraft benötigt wird. Der letzte Job ist jedoch immer der der Sammelbiene, die von Blüte zu Blüte fliegt und Nektar sammelt – denn Bienen zeichnen sich dadurch aus, dass sie Futtervorräte anlegen, um futterarme Zeiten zu überbrücken. Ein Bienenvolk kann aus bis zu 80.000 Bienen bestehen. Sie kommunizieren miteinander durch Duftsignale, Vibrationen und Geräusche bestimmter Frequenzen und durch eine einzigartige Tanzsprache, für deren Entschlüsselung der Zoologe Karl von Frisch 1973 den Nobelpreis erhalten hat. Wissenschaftler sind des weiteren überzeugt, das Bienen eine Art von Schwarmintelligenz besitzen, die die menschliche in mancherlei Hinsicht in den Schatten stellt.
Bereits vor Tausenden von Jahren wurde Honig als königliches Geschenk angesehen. In Indien, Ägypten, Palästina, Griechenland und im alten Rom wurden Honig und sonstige Bienenprodukte hoch geschätzt und als regelrechte Götterspeise und Jungbrunnen verehrt. Die Ärzte der Antike verordneten Honig bei vielen Krankheiten und das aus gutem Grund: Honig enthält mehr als 180 unterschiedliche Inhaltsstoffe, wirkt antiseptisch und entspannend, fördert die Verdauung, die Blutbildung und Entschlackung und stärkt die natürlichen Abwehrkräfte.
Nicht weniger wertvoll sind aber auch die restlichen Bienenprodukte wie Blütenpollen, Gelée royal oder Propolis. Sie alle enthalten wichtige Proteine, Säuren, Enzyme und Fermente und natürlich zahlreiche Vitamine und Mineralien. Alle können verschiedene Krankheiten heilen oder zumindest lindern.
Ein geheimnisvolles und erstaunliches Produkt ist zum Beispiel das Gelée royale – Bienenlarven, die es nur einige Tage lang bekommen, werden zu normalen Arbeitsbienen oder Drohnen. Die Bienenkönigin aber ein Leben lang wird nur mit Gelée royale gefüttert und kann bis zu 3.000 Eier pro Tag legen. Dank Gelée royale hat sie eine Lebenserwartung von bis zu 5 Jahren, während die Arbeiterinnen im Sommer nur 6 Wochen lang leben. Die Winterbienen, die im Herbst etwas mehr Gelée royale erhalten, können den Winter überdauern. Gelée royale ist als kostbares Naturheilmittel und Zutat in Kosmetika sehr beliebt.
Propolis besteht aus 80 unterschiedlichen Komponenten und hat eine nachweislich antibiotische und schmerzlindernde Wirkung. Auch Bienengift wird in der Medizin verwendet – vor allem bei chronischen Gelenkerkrankungen, niedrigem Blutdruck und anderen Gebrechen. Dieses Produkt ist allerdings sehr teuer – für ein Kilogramm Bienengift müssen 5 Millionen Bienen herhalten. Früher wurden sie getötet, nun werden sie durch schwache elektrische Schläge veranlasst, das Gift auszustoßen. Nach einer solchen Prozedur sind sie allerdings nicht besonders gut drauf – was ja wohl auch nicht weiter verwunderlich ist.
Bienenwachs wiederum wurde im Mittelalter hauptsächlich für die Produktion von Kerzen verwendet. Heutzutage ist Bienenwachs für die Kerzenproduktion nicht mehr so relevant wie früher – zumindest in Mittel- und Westeuropa. In Bulgarien bestehen Kirchenkerzen allerdings weiterhin laut Kanon zu 10 Prozent aus Bienenwachs, weshalb sie auch einen angenehmen und beruhigenden Honigduft verströmen. Besonders geschätzt wird Bienenwachs in der modernen Kosmetikindustrie. Es findet aber auch in vielen anderen Bereichen breite Anwendung, darunter in der Militärindustrie – und zwar als Korrosionsschutz für Materialien, die leicht rosten können.
Und nun ein paar bemerkenswerte Fakten rund um die Biene:
Für ein Kilo Honig müssen etwa drei Kilo Nektar eingetragen werden.
Bienen entwickeln eine Fluggeschwindigkeit von rund 25 Kilometer pro Stunde.
Eine Biene besucht bis zu 30 Blüten in der Minute, das sind am Tag 18.000 Blütenbesuche.
Für 1 kg Honig müssen die Bienen fast 15 Millionen Blüten besuchen.
Ein starkes Bienenvolk von etwa 50.000 Arbeiterinnen sammelt pro Tag bei gutem Angebot 3 - 5 Kilo Nektar.
Die durchschnittliche Ernte beträgt etwa 12 - 15 Kilo Honig pro Bienenvolk.
Gute Jahresernten können ausnahmsweise bis zu 75 Kilo Honig pro Bienenvolk betragen.
Weltweit schätzt man die Zahl der Bienenrassen auf über 20.000.
Als Schutzherr der bulgarischen Bienenzüchter gilt der Heilige Charalampius – er wird am 10. Februar geehrt und die letzte Februarwoche gilt als Woche der bulgarischen Imker.
Die Imkerei hat auf dem Balkan eine Jahrtausende alte Tradition. Bereits die Thraker haben Bienen gezüchtet. Unsere Natur begünstigt die Bienenzucht – Bulgarien gehört zu den Ländern mit der größten Pflanzenvielfalt. Hunderte von Kräutern, aber auch Linden-, Flieder- und Akazienwälder, große Feldmassive mit Sonnenblumen, Klee, Raps, Rosen und Lavendel bieten den Bienen ein breites Betätigungsfeld.
Doch nicht nur in der Antike, auch im Mittelalter und nach der Befreiung Bulgariens von der türkischen Fremdherrschaft stand die Bienenzucht bei uns hoch in Ehren. Davon zeugt auch die Tatsache, dass 1904 in Bulgarien ein Imkerei-Gesetz verabschiedet wurde und dass die Zeitung „Bienenzucht“ auf eine 106-jährige Geschichte zurückblickt. Die Imkerei wurde vom bulgarischen Staat unterstützt und selbst zu Kriegszeiten erhielten die bulgarischen Imker Zucker, um ihre Bienen über den Winter zu bringen.
In den 60er und 70er Jahren führten Importe fremder Bienenrassen zur Vernichtung vieler örtlicher Populationen und so wurde die Einfuhr von Bienen in Bulgarien verboten. Um die örtlichen Bienenrassen zu erhalten, wurde eine spezielle Genbank geschaffen und drei Bienenreservate unter freiem Himmel eingerichtet, in denen reinrassige heimische Bienen gezüchtet werden. Im Mittelpunkt der Selektion steht die heimische Bienenart Apis mellifera macedonica. Sie ist friedlich und sehr produktiv, bildet starke Kolonien und kann auch heiße Sommer und kalte Winter gut vertragen.
Unser Land verfügt derzeit über ca. 50 000 Imker, welche an die 750.000 Bienenvölker umsorgen. Ein Großteil der bulgarischen Imker betreibt Bienenzucht aber nur hobbymäßig.
Da die Nachfrage nach Honig in Europa steigt, versucht unsere Regierung, die Bienenzucht in Bulgarien zu fördern und die Bedingungen für die Produktion und den Handel mit Honig zu verbessern. Zu diesem Zweck wurde ein Nationales Programm für die Bienenzucht ins Leben gerufen, das den bulgarischen Imkern von 2008 bis 2011 insgesamt 7,4 Millionen Lewa zur Verfügung stellen wird. Das Programm wird zu gleichen Teilen vom nationalen Landwirtschaftsfonds und der EU-Kommission finanziert. Das ist nicht von ungefähr - der bulgarische Honig ist von weltbester Qualität. Verschiedene Landesregionen haben sich auf die Produktion unterschiedlicher Honigsorten spezialisiert – bei den südwestbulgarischen Städten Sandanski und Petrisch sammeln die Bienen Honig von den blühenden Kastanien, bei Targowischte finden sie Rohstoff für Lindenblütenhonig, im Rosental wird Honig aus Lavendel und Rosenblüten gewonnen und in der nordostbulgarischen Donaustadt Silistra sammeln die Bienen Korianderhonig. Zu den Rennern gehören neuerdings auch exotische Honigsorten - aus Basilikum, Thymian und Disteln. Die Bulgaren mögen besonders den hellen Akazienhonig, während die Verbraucher in der EU eher auf dunklere Sorten wie Honigtauhonig stehen. 80 % des heimischen Honigs wird exportiert. Viele Europäer sind auf den Geschmack des bulgarischen Honigs gekommen. Auf Fachmessen wie die Anuga in Köln, auf der Nürnberger Ökomesse BioFach und der Ernährungsmesse SIAL in Paris werden bulgarische Honigsorten präsentiert finden reißenden Absatz. Kurioserweise sind wir Bulgaren aber keine großartigen Honigkonsumenten – in Europa bilden wir mit einem Verzehr von knapp 200 Gramm Honig pro Jahr das absolute Schlusslicht. Die Deutschen führen sich jährlich 2 Kilogramm Honig zu Gemüte und die Spanier verspeisen sogar 2,8 Kilogramm Honig pro Jahr. Insgesamt beläuft sich der Honigkonsum in Europa auf 280.000 Tonnen. 40 % davon werden aus China und Argentinien importiert. Zu den größten Honigproduzenten gehören weltweit außerdem Brasilien, Mexiko, Australien, die Türkei und die Ukraine. Die Nachfrage nach gutem Honig ist aber auch für die bulgarischen Imker eine Chance. Während allerdings in Brasilien, Mexiko und Argentinien die Imker zu 45 % Berufsimker sind, betreiben nur 1,5 Prozent der knapp 50.000 Imker in Bulgarien Bienenzucht als Beruf. Der Rest sind Hobbyimker. Insgesamt werden in Bulgarien ca. 9.000 bis 11.000 Tonnen Honig produziert, wovon etwa 3.000 bis 5.000 Tonnen exportiert werden – hauptsächlich nach Deutschland, Griechenland, Italien, in die USA, Japan und in die arabischen Länder.
Der heimische Honig wird dabei auf 30 unterschiedliche Merkmale geprüft und sollte auch nur eines nicht den EU-Standards entsprechen, wird der Export vereitelt.
Das Herz vieler Landsleute schlägt für die fleißigen Bienen. Begeisterter Bienenfan ist auch Kiril Kirow, der das erste private Bienenzucht-Museum in der Schwarzmeerstadt Nessebar gegründet hat. Es wird von vielen ausländischen Touristen besucht, die auch echten Naturhonig mit nach Hause nehmen können, der in schmucken kleinen Keramiktöpfen abgefüllt und mit Bienenwachs versiegelt ist. Die Keramikgefäße werden übrigens eigens zu diesem Zweck von bulgarischen Töpfermeistern aus der Töpferstadt Trojan gefertigt. Außerdem wird seit 2002 in Nessebar ein internationales Honigfestival organisiert, das ebenfalls von Kiril Kirow initiiert worden ist. Es ist aber bei weitem nicht das einzige Event dieser Art. In vielen bulgarischen Städten werden nationale und internationale Messen und Treffen veranstaltet, die der Bienenzucht gewidmet sind – darunter in Dobritsch, Plewen, und Gabrowo, um nur einige zu nennen. Am 19. August 1890 organisierten bulgarische Bienenzüchter ihren ersten Kongress. Doch auch weltweit tun sich die Imker zusammen. So ist die APIMONDIA eine Weltorganisation, welche die Entwicklung der Bienenwirtschaft weltweit fördern möchte. Sie organisiert Kongresse, auf denen sich Wissenschaftler und Bienenzüchter aus aller Welt treffen. Der erste Kongress dieser Art fand 1897 in Brüssel statt und wird seitdem alle zwei Jahre an unterschiedlichen Orten organisiert – 2007 begegneten sich Bienenfreunde in der australischen Stadt Melbourne und ihr nächstes Stelldichein wird 2009 in Montpellier in Frankreich sein. Leider werden sie viele Probleme zu besprechen haben – doch davon gleich mehr.
Sollten die Bienen von der Erde verschwinden, wäre es wirklich schlimm um uns bestellt. Es geht nämlich nicht nur darum, dass wir auf den Genuss von Honig verzichten müssen. Bienen sind von einem enormen ökologischen und wirtschaftlichen Nutzen, deren wir uns gar nicht so richtig bewusst sind. Dadurch, dass sie 85 Prozent aller Blütenpflanzen bestäuben, tragen sie zum Erhalt der Artenvielfalt von Pflanzen und Tieren auf unserem Planeten bei. Nach dem Schwein und dem Rind sind Bienen das drittwichtigste Nutztier der Menschheit. Wenn Sie sich nun fragen – wieso denn das, dann sollten Sie wissen, dass beispielsweise der Ertrag der Sonnenblumen um das 50fache steigt, wenn sie bestäubt werden! Es geht hierbei allerdings nicht um die Sonnenblumen an sich - man sollte sich vor Augen halten, dass 80 % der Nutzpflanzen bienenbestäubt sind. In Deutschland wird der Nutzwert der Bienen mit über vier Milliarden Euro beziffert und in den USA schätzen die Forscher den durch Bienenbestäubung erwirtschafteten Nutzen auf bis zu 11 Milliarden Euro. Dort werden Bienen übrigens hauptsächlich dafür verwendet, riesige Plantagen zu bestäuben – zu diesem Zweck werden Tausende Bienenvölker auf Trucks durch die Staaten transportiert und gezielt zur Bestäubung der jeweils blühenden Kultur eingesetzt – Sonnenblumen, Mais, Raps, Zitrus- und Madelplantagen sind auf sie angewiesen. Die Menschheit verdankt also die guten Erträge zum Großteil den Bienen. Umso besorgniserregender ist das große Bienensterben, das in den letzten Jahren in den USA und Kanada beobachtet wird – bis zu 70 Prozent der Bienen sind dort verschwunden, ohne dass die Forscher einen triftigen Grund dafür zu nennen wüssten. Einige machen die aus Asien eingeschleppte Varroa-Milbe dafür verantwortlich, andere setzen auf Bakterien und Viren und manche Wissenschaftler sprechen von der Gefahr genmanipulierter Pflanzen. Wenn wir die schlechten Umweltbedingungen, Klimawandel, Einsatz von giftigen Pflanzen- und Insektenschutzmitteln, die Vernichtung naturbelassener Wiesen und Wälder und den Elektrosmog dazurechnen, dann ist es nicht weiter verwunderlich, dass die Bienen, die Millionen Jahre auf der Erde überdauert haben, nun in akuter Gefahr sind. Auch in China, Brasilien, in Deutschland, Polen und der Schweiz wurde in den letzten Jahren ein Massensterben der Bienen gemeldet – bis zu 30 Prozent der Bienenvölker sind verschwunden. Wenn ich nun sage verschwunden, dann sollten Sie das wörtlich nehmen, liebe Hörerinnen und Hörer – die Bienen kehren einfach nicht mehr in ihre Bienenstöcke zurück. Intakte Bienenstöcke mit gesunden Bienen stehen binnen weniger Tage leer – nur die Königin und die sie bedienenden Bienen bleiben zurück und gehen langsam ein. Offenbar verlieren die Bienen ihren Orientierungssinn und verenden weit weg von ihren Artgenossen. Umweltschützer sprechen von einer regelrechten Katastrophe, die auf uns zukommt und schlagen berechtigt Alarm, dass die Menschheit schnellstmöglich Maßnahmen ergreifen muss, um nicht selbst bald von der Erde zu verschwinden.
Wenn auch Sie etwas für den Fortbestand der Bienen und somit der Artenvielfalt auf unserem Planeten beitragen möchten, dann sollten Sie Ihren Garten mit bienenfreundliche Pflanzen bereichern – Obstbäumen, Klee, Löwenzahn, Thymian, Schnee- und Maiglöckchen, Astern, Dahlien, Kornblumen, Mohn etc. Wenn die kleinen Brummer dann angerauscht kommen, können Sie sich freuen, auch etwas für die Umwelt getan zu haben. Und als Belohnung sollten Sie sich unbedingt ein Glas Honig kaufen.
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