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Mission medizinischer Helfer

Die Idee für den Vermittler entstand bereits 2003, als mit der finanziellen Hilfe des EU-Vorbeitrittsprogramms Phare die ersten 50 Helfer ausgebildet wurden. Heute sind sie mehr als 120 an der Zahl.
Foto: Diana Hristakiewa
Zlatka ist Mutter von fünf Kindern. Das erste kam, als sie mit 14 Jahren selbst noch ein Kind war. Zlatka gibt offen zu, dass sie sich in Fragen der Verhütung und anderen medizinischen Fragen nicht besonders gut auskennt. Das ist ein Problem nicht nur für sie, sondern auch für ihre Kinder. Eine wichtige Erläuterung an dieser Stelle ist, dass Zlatka zu der Roma-Minderheit in Bulgarien gehört. Ihr Problem ist ein Problem für alle Roma. Ein neues Programm für die bessere Vermittlung zwischen den Zigeunern und den Ärzten soll Abhilfe schaffen.

Die Roma-Familien wohnen meistens isoliert am Stadtrand. Die sexuelle Aufklärung ist für sie ein Fremdwort. Jegliche medizinische Versorgung ist meistens unerwünscht, weil unbekannt. Vorbeugeuntersuchungen und Prophylaxe von AIDS, Tbc, Diabetes oder Kinderlähmung finden so gut wie nicht statt. Schuld daran sind einerseits die Hausärzte, andererseits aber die Roma selbst, die vorurteilvoll sind, die klassische Medizin könne gar nicht helfen. Man vertraut dann selbst in lebensbedrohlichen Situationen lieber den Kräutermischungen aus der Volksmedizin. Die niedrige Gesundheitskultur der Roma hat auch zur Folge, dass die Zigeunerkinder nur selten geimpft werden. Dabei sind die Impfungen gegen gefährliche Krankheiten wie überall auf der Welt pflichtig und kostenlos. In letzter Zeit häufen sich die Fälle von längst vergessenen Krankheiten, wie Masern, Windpocken, Mumps usw. Um die Aufklärung unter den Zigeunern zu unterstützen, sollen nun s.g. medizinische Vermittler helfen. Vor Ort sollen sie erklären, wozu die Pflichtimpfungen da sind, warum bei akuten Krankheiten der Hausarzt aufgesucht werden soll, wie man am besten verhüten soll usw.

Die Idee für den Vermittler entstand bereits 2003, als mit der finanziellen Hilfe des EU-Vorbeitrittsprogramms Phare die ersten 50 Helfer ausgebildet wurden. Heute sind sie mehr als 120 an der Zahl. Viele von ihnen gehören selbst der Roma-Minderheit an. Die Vorteile liegen auf der Hand – sie sprechen die Sprache, kennen die Mentalität und können das Gespräch über die medizinischen Probleme in der Familie delikater anfangen. Für die Roma-Frauen ist das Thema Sexualität immer noch Tabu. "An Vorsorgeuntersuchungen ist erst gar nicht zu denken", sagte uns Theodora Dondukowa, die selbst aus der Roma-Minderheit kommt und als medizinische Helferin im Zigeunerviertel in Sliwen, in Ostbulgarien, arbeitet.

"Unser Job ist nicht einfach, obwohl ich eine von ihnen bin", sagt Theadora. "Als ich das erste Mal im Zigeunerviertel von Sliwen unterwegs war, hat man mich misstrauisch angeschaut. Das kann ich verstehen. Ich helfe gern und das ist meine einzige Motivation, als medizinische Helferin zu arbeiten. Ich helfe den Roma aber nicht nur in Fragen der Gesundheitsfürsorge, sondern auch, wenn sie sonstige Probleme mit der Stadtverwaltung und anderen Ämtern haben. Wir unterhalten uns über irgendein medizinisches Thema, und plötzlich kommt zur Sprache, dass die Familie auch ein anderes Problem hat, wo ich helfen könnte. So kommen wir ins Gespräch", erzählt Theodora Dondukowa.

Heute hat Theodora keine Ängste mehr, wie sie von den Roma aufgenommen wird. Heute hat sie ihr Vertrauen. Doch, sobald sie mit den Zigeunerinnen über Verhütung zu sprechen beginnt, kehren sie ihr den Rücken zu. Doch, Theodora gab nicht auf – sie sprach mit allen mehrmals, bis sie wenigstens die jüngeren überzeugen konnte, zu verhüten. "Ich musste sehr klein anfangen, sie wussten nicht einmal, was ein Kondom ist, geschweige denn, dass man die Baby-Pille nehmen können", erzählt uns die medizinische Helferin. Sie hatte aber auch mit Aberglaube und Gerüchten zu kämpfen. Die Roma-Frauen in Sliwen waren beispielsweise überzeugt, dass man von der Hormonspirale Krebs bekommt. Deshalb werden sie erst gar nicht eingesetzt. Sobald Theodora Kondome und Baby-Pillen kostenlos verteilt hatte, erfuhr sie von den Kindern, dass sie die Kondome zum Spielen bekommen, und die Pillen würde man einfach wegwerfen. Die Aufklärungskampagne hatte dennoch Erfolg, zur Überraschung aller aber zunächst unter den Moslems im Zigeunerviertel. "Sie sind in der Regel besser gebildet, die Männer sind meistens Kaufleute und viel unterwegs, und kennen sich deshalb einfach besser aus", erläutert Theodora. Die christlichen Roma waren anfangs eher misstrauisch. Besonders schlimm ist es aber, wenn sie mit den ärmsten Zigeunern arbeiten muss. "Sie bekommen Kinder, um das Kindergeld zu kassieren. Das ist ihre einzige Einnahmequelle", behauptet Theodora.

Ähnliche Probleme hat auch Nargis Sandowa. Sie arbeitet in der nordbulgarischen Stadt Lowetsch. Als sie das erste Mal im dortigen Zigeunerviertel auftauchte, war sie auf der Suche nach einem zweijährigen Jungen, der kürzlich am Herzen operiert worden war. Nargis wollte nachschauen, wie es dem Jungen geht, wie er gepflegt wird und ob er Medikamente hat. Das Problem war, dass der Junge oft im Krankenhaus war, immer wieder an Lungenentzündung litt und deshalb Wachstumsstörungen hatte. Die medizinische Helferin Nargis stellte fest, dass die Eltern dem Jungen keine Medikamente verabreichten. Sie konnten nicht einmal die Rezepte finden, um neue Pillen zu kaufen. Als Nargis mit dem Jungen zum Arzt gehen wollte, wurde es dramatisch – die Eltern dachten nämlich, dass sie ihnen das Kind wegnehmen wolle. "Die einzige richtige Reaktion meinerseits war, schnell weg zu gehen", erinnert sie sich heute. "Man hätte mich nicht verstanden." Heute sieht es wesentlich besser aus, sie konnte das Vertrauen der Roma gewinnen und so hilft sie ihnen in allen möglichen Angelegenheiten, nicht nur in der Gesundheitsfürsorge. Nargis arbeitet mit den Bewohnern in allen drei Zigeunervierteln der Stadt. Der jüngsten Volkszählung nach sind sie rund 1400.

"Oft kommt es vor, dass ich sie auf dem Amt begleite, weil nur die wenigen von ihnen schreiben und lesen können", berichtet Nargis Sandowa. "Die meisten können Anträge und sonstige Dokumente nicht richtig ausfüllen und schämen sich dafür. Und genau darin sehe ich meine Aufgabe – zu helfen, zu übersetzen, zu vermitteln. Wenn man diesen Job gern macht, dann spüren es die Roma auch und lassen sich helfen. Das ist der einzig richtige Weg", ist Nargis Sandowa überzeugt.

Übersetzung und Redaktion: Vessela Vladkova
По публикацията работи: Diana Hristakiewa


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