Das bulgarische Sozialversicherungssystem kollabiert seit Jahren. Ein Grund dafür ist die rasch schwindende Differenz zwischen Erwerbstätigen und Rentnern. Gegenwärtig kommen 2,7 Millionen Erwerbstätige für 2,2 Millionen bulgarische Rentner auf. Ein weiteres Problem ist die schwache Zahlungsmoral bei der Abführung von Sozialabgaben. Das Ergebnis ist ein Loch in den öffentlichen Sozialversicherungskassen, das aus dem Staatshaushalt gestopft wird, um die Renten zahlen zu können. Der Konsultativrat zur Optimierung des Versicherungssystems bei Arbeits- und Sozialminister Jordan Hristoskow hat ein Reformpaket erarbeitet, das einen Weg aus der Sackgasse bahnen soll. Welchen Weg unser Versicherungssystem einschlägt, hängt jedoch ganz von der neuen Regierung ab.
Um die Einnahmen zu erhöhen, sehen die Experten eine Angleichung der beitragspflichtigen Mindestgrenze für alle Selbständigen vor. Das betrifft vor allen die Agrar- und Tabakproduzenten, die gegenwärtig niedrigere Beiträge abführen. Laut Sozialminister müssten diese Produzenten jedoch mit zusätzlichen Subventionen kompensiert werden. Eine weitere Maßnahme in diese Richtung ist die Aufhebung der Privilegien für Beamte, deren Sozialversicherungsbeiträge bisher komplett vom Staat getragen werden. Auch soll laut Konsultativrat die Hinterziehung von Versicherungsbeiträgen künftig als Strafbestand geführt werden. Diese Maßnahme soll mindestens 5% mehr Beiträge in die Kassen spülen. Und auch die Beitragssätze zur Renten- und Arbeitslosenversicherung sollen angehoben werden.
"Das Riesendefizit in den Sozialversicherungskassen macht eine Anhebung der Beitragssätze erforderlich", erklärt Jordan Hristoskow. "Gegenwärtig gehen 53% aller Ausgaben für Renten und Versicherungsleistungen zu Lasten des Staatsetats. Wenn dieser Trend weiter anhält, wird der Staat in Kürze für 60% der Versicherungsleistungen aufkommen müssen, hauptsächlich für die Renten. Die allmähliche Anhebung der Beitragssätze soll für mehr Ausgeglichenheit zwischen den Staatsgeldern und dem Beitragsaufkommen der Kassen sorgen. Gleiches wird von angesehenen internationalen Organisationen empfohlen, einschließlich Weltbank und Internationaler Währungsfonds."
Ferner sehen die Reformpläne die stufenweise Anhebung von Regelalter und Beitragsjahren für alle Beschäftigungskategorien als auch die Beschränkung von Ruhestandsreglungen vor Vollendung der Regelaltersgrenze vor, einschließlich durch die Einführung eines differenzierten Regelalters für das Personal der s.g. speziellen Ressorts. Bis 2028 oder 2036 soll die Regelaltersgrenze für Männer und Frauen auf 65 Jahre angehoben werden. Um die damit verbundenen Risiken abzufangen, empfiehlt der Konsultativrat die Einführung von Arbeitslosenhilfe im Vorruhestand.
"Viele Menschen im Vorruhestand verlieren ihren Job, haben ihren Anspruch auf Arbeitslosenhilfe ausgeschöpft und leben ausschließlich von Sozialhilfe", erklärt der Sozialminister. "In vielen Ländern, in denen die Regelaltersgrenze angehoben wurde, wurden ähnliche Schutzvorkehrungen getroffen. Auch in Bulgarien gab es bis 2011 Langzeitarbeitslosenhilfe. Deshalb haben wir vorgeschlagen, dass Langzeitarbeitslosen zwei Jahre vor Vollendung des Renteneintrittsalters zwölf Monate lang Mindesthilfe gezahlt wird, deren Höhe im Gesetz zum Haushalt der Gesetzlichen Sozialversicherung für das Folgejahr festgelegt wird."
Übersetzung: Christine Christov
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