In einem Geheimbericht des ehemaligen US-Botschafters in Sofia James Pardew, der von Wikileaks enthüllt wurde, spricht der Autor von den "faulen Äpfeln" des bulgarischen Bankensystems. Dass es sie gibt, hat auch die bulgarische Öffentlichkeit vermutet. Der Verdacht wurde von der aktuellen dramatischen Pleite der viertgrößten Bank des Landes, der Korporativen Handelsbank KTB bestätigt. Vor einigen Tagen kommentierte der französische Botschafter Xavier Lapeyre de Cabanes die "faulen Äpfel" in der bulgarischen Justiz in Bezug auf eine, seiner Meinung nach, ungerechte Entscheidung des Gerichts, die die Pleite von zwei französischen Tochterunternehmen des Konzerns Belvedere Group und die Abschaffung ihrer Geschäftsführung betrifft.
Es ist offensichtlich "etwas faul im Staate Dänemark", das heißt in der gesamten bulgarischen Transformation nach der Wende, im Übergang zur Marktwirtschaft, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Es wird seit langem gemunkelt, dass das Versagen der Justiz wegen Korruptionsverwicklungen der Rechtssprechungsbehörden mit Politik und Wirtschaft, das größte Geschwür unserer Gesellschaft ist. Davon wird zwar gesprochen, getan wird aber kaum etwas und das trotz des seit 7 Jahren von der EU-Kommission auferlegten Verifikations- und Kooperationsmechanismus in den Bereichen Justiz und Inneres.
Wird der diplomatische Skandal, der durch die Aussage des französischen Botschafters hervorgerufen wurde, endlich eine echte Reaktion bewirken? Der Fall wurde sogar vor der EU-Kommission gebracht. Wird man endlich den Bullen bei den Hörnern packen? Hoffentlich! Trotz bisheriger schleppender Reaktion seitens der Behörden, kam die Antwort darauf nun relativ schnell. Die für den Fall "Belvedere" zuständige Richterin Rumjana Tschenalowa wurde von der Ethikkommission des Obersten Justizrates angehört und zwar bei einer beispiellosen öffentlichen Sitzung. Computerexperten werden auch das System über die Verteilung der Gerichtsverfahren nach dem Zufallsprinzip auf ihre Manipulierbarkeit prüfen. Es erscheint merkwürdig, dass drei der insgesamt vier eingeleitete Verfahren, die zwischen dem Eigentümer von KTB Zwetan Wassilew und seinen ehemaligen Geschäftspartner Deljan Peewski geführt werden, der besagten Richterin zugeteilt wurden. Auch die Tatsache, dass der Insolvenzverwalter, der für die beiden französischen Unternehmen ernannt wurde, derselbe ist, der die ebenfalls Pleite gegangenen Fernsehsendern TV 7 und News 7 zu verwalten bekommen hat, von denen man ebenfalls behauptet, dass sie den oben genannten Geschäftsleuten nah stehen, erscheint merkwürdig. In beiden Fällen wird die Gerichtsentscheidung mit drastischen Mitteln eines und derselben Sicherheitsunternehmens in Kraft gesetzt. Auch die Ernennung und die Handlungen des Insolvenzverwalters im Fall "Belvedere" werden geprüft.
Nach dem TV-Auftritt des französischen Botschafters hat sich Premierminister Borissow mit Justizminister Hristo Iwanow getroffen. In einer gemeinsamen Erklärung haben sie davon gesprochen, dass die Exekutive eine politische Entscheidung darüber treffen muss, ob die gegenwärtige Gesetzgebung geändert werden soll, damit die Justiz und die Rechtssprechungsorgane tatsächlich unabhängig sein können. Die Judikative soll auch ihren Teil der Verantwortung übernehmen, da die Hälfte der Mitglieder des Obersten Justizrates von ihr gewählt werden. Die Trägheit der Justiz hat eine negative Auswirkung auf die Investitionsabsichten aus dem Ausland und auf die Beziehungen zu wichtigen internationalen Partnern, was letztendlich zum Vertrauensbruch der Gesellschaft in das Rechtssprechungssystem führt, heißt es weiter in der Erklärung.
Die Diagnose scheint richtig zu sein, es bleibt nur die Frage, welche die richtige Behandlung ist, die in Bulgarien einen starken politischen Willen voraussetzt. Die Öffentlichkeit setzt große Hoffnungen auf den neuen Justizminister, der davor bei einer NGO gewesen ist, die sich Jahre lang mit den Problemen der bulgarischen Justiz befasst hat.
Übersetzung: Milkana Dehler
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