Sendung auf Deutsch
Textgröße
Bulgarischer Nationaler Rundfunk © 2024 Alle Rechte vorbehalten

Swiss-Leaks: Bulgaren gut vertreten

БНР Новини
Foto: BGNES

Korrupte Politiker, dubiose Geschäftsleute, selbstverliebte Pop- und Kinostars, gierige Leistungssportler und sogar manch einer Monarch zittern dieser Tage in 200 Ländern der Welt, weil Informationen ans Tageslicht gelangten, die besser für immer in der Schublade der HSBC Private Bank in Genf hätte ruhen sollen. Journalisten-Recherchen des International Consortium of Investigative Journalists“ (ICIJ) haben geheime Bankdaten von mehr als 100.000 gut betuchten Bankkunden ausgewertet. Das Vermögen auf den mit diesen Kunden in Beziehung stehenden Konten beläuft sich auf mehr als 180 Milliarden Euro. Swiss-Leaks ist die bisher wohl bedeutendste Enthüllung von Steuerhinterziehung im großen Stil.

Auf der geheimen Liste finden sich 95 Personen bzw. Firmen mit Bulgarien-Bezug. Ihr auf HSBC-Konten liegendes Vermögen beläuft sich auf 380 Millionen US-Dollar, was Bulgarien Platz 69 in dieser schrägen Rangliste zuteilt. Sicherlich viel weiter vorn liegt allerdings jener bulgarische Staatsbürger mit 264 Millionen Dollar auf dem Konto. Mit seinen schlappen 10 Millionen Dollar kann ihm nicht einmal Marokkos König Mohammed IV. das Wasser reichen.

Dieses Ranking ist natürlich kein Grund, stolz zu sein – es handelt sich immerhin um Steuerhinterziehung. Andererseits darf man nicht blauäugig denken, dass jede Million mit schweißtreibender Arbeit verdient wird. Hinter vielen gut betuchten Unternehmern und Adligen versteckt sich oft Geld, das am Fiskus vorbei geschmuggelt worden ist. Dies trifft insbesondere für Länder, wie Bulgarien zu, wo in den Wirren der Nachwendejahre so manch einer von heute auf morgen steinreich wurde. Die Transformationszeit von der sozialistischen Planwirtschaft zur Marktwirtschaft verlief grundsätzlich im Dunkeln, dafür aber schnell, intransparent und widersprüchlich. Allen voran die Privatisierung, die vor dem EU-Beitritt Bulgariens 2007 abgeschlossen werden sollte. Dafür war sie skrupellos und aggressiv, geprägt von den „mutri“, sinngemäß den „Fratzen“, den wegen ihr äußeres Erscheinungsbild so genannten jungen Männern mit auffallend niedriger Stirn und kräftigem Unterkiefer, muskulösem Oberkörper und kräftigen Oberschenkeln in teuren dunklen Anzügen. Eben sie haben sich die Rosinen aus dem sozialistischen Wirtschaftskuchen unter die Nägel gerissen. Ohne Konkurrenz, versteht sich. Die aus diesen dunklen Geschäften akkumulierten Millionen müssen wohl woanders gelandet sein, und nicht in die heimische Wirtschaft, die seit der Wende nach Luft schnappt. Nun haben wir erfahren, wo genau sie gelandet sind – bei der HSBC Private Bank in Genf.

Swiss-Leaks hat aber noch etwas ans Tageslicht gebracht – die krummen Geschäfte und die dreiste Steuerhinterziehung waren den bulgarischen Behörden nicht ganz unbekannt. Der breiten Öffentlichkeit blieb dies aber erspart, bis Swiss-Leaks herauskam. Aber wen wundert’s – wann gab es schon funktionierende Justiz und Rechtsstaatlichkeit in Bulgarien?

Übersetzung und Redaktion: Vessela Vladkova



Последвайте ни и в Google News Showcase, за да научите най-важното от деня!

mehr aus dieser Rubrik…

Lokale Behörden wollen neue Kohäsionsgebiete im Rahmen von EU-Programmen

Die bulgarischen Planungsregionen müssen dringend reformiert werden, fordern die lokalen Behörden. Die derzeitige Aufteilung in Regionen zeigt ein zunehmendes wirtschaftliches Ungleichgewicht bei den EU-Beihilfen. Das Problem ist in der..

veröffentlicht am 02.12.24 um 10:58

BIP im dritten Quartal um 2,2 Prozent höher als im Vorjahr

Die bulgarische Wirtschaft ist im dritten Quartal um 2,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gewachsen, so eine Express-Schätzung des Nationalen Statistikamtes. Der Endverbrauch verzeichnet ein Wachstum von 4,6 Prozent, die Importe von Waren..

veröffentlicht am 14.11.24 um 17:18
Stanislaw Popdontschew

Unternehmer besorgt, dass die politische Krise die Entwicklung des Landes hemmt

 „Die wichtigsten Prioritäten der Wirtschaft - die Mitgliedschaft in der Eurozone und der Schengen-Vollbeitritt auch zu Lande - bleiben im Hintergrund. Sie sind die Motoren, die die Wirtschaft ankurbeln können. Das Fehlen einer regulären..

veröffentlicht am 12.11.24 um 10:37