Korrupte Politiker, dubiose Geschäftsleute, selbstverliebte Pop- und Kinostars, gierige Leistungssportler und sogar manch einer Monarch zittern dieser Tage in 200 Ländern der Welt, weil Informationen ans Tageslicht gelangten, die besser für immer in der Schublade der HSBC Private Bank in Genf hätte ruhen sollen. Journalisten-Recherchen des International Consortium of Investigative Journalists“ (ICIJ) haben geheime Bankdaten von mehr als 100.000 gut betuchten Bankkunden ausgewertet. Das Vermögen auf den mit diesen Kunden in Beziehung stehenden Konten beläuft sich auf mehr als 180 Milliarden Euro. Swiss-Leaks ist die bisher wohl bedeutendste Enthüllung von Steuerhinterziehung im großen Stil.
Auf der geheimen Liste finden sich 95 Personen bzw. Firmen mit Bulgarien-Bezug. Ihr auf HSBC-Konten liegendes Vermögen beläuft sich auf 380 Millionen US-Dollar, was Bulgarien Platz 69 in dieser schrägen Rangliste zuteilt. Sicherlich viel weiter vorn liegt allerdings jener bulgarische Staatsbürger mit 264 Millionen Dollar auf dem Konto. Mit seinen schlappen 10 Millionen Dollar kann ihm nicht einmal Marokkos König Mohammed IV. das Wasser reichen.
Dieses Ranking ist natürlich kein Grund, stolz zu sein – es handelt sich immerhin um Steuerhinterziehung. Andererseits darf man nicht blauäugig denken, dass jede Million mit schweißtreibender Arbeit verdient wird. Hinter vielen gut betuchten Unternehmern und Adligen versteckt sich oft Geld, das am Fiskus vorbei geschmuggelt worden ist. Dies trifft insbesondere für Länder, wie Bulgarien zu, wo in den Wirren der Nachwendejahre so manch einer von heute auf morgen steinreich wurde. Die Transformationszeit von der sozialistischen Planwirtschaft zur Marktwirtschaft verlief grundsätzlich im Dunkeln, dafür aber schnell, intransparent und widersprüchlich. Allen voran die Privatisierung, die vor dem EU-Beitritt Bulgariens 2007 abgeschlossen werden sollte. Dafür war sie skrupellos und aggressiv, geprägt von den „mutri“, sinngemäß den „Fratzen“, den wegen ihr äußeres Erscheinungsbild so genannten jungen Männern mit auffallend niedriger Stirn und kräftigem Unterkiefer, muskulösem Oberkörper und kräftigen Oberschenkeln in teuren dunklen Anzügen. Eben sie haben sich die Rosinen aus dem sozialistischen Wirtschaftskuchen unter die Nägel gerissen. Ohne Konkurrenz, versteht sich. Die aus diesen dunklen Geschäften akkumulierten Millionen müssen wohl woanders gelandet sein, und nicht in die heimische Wirtschaft, die seit der Wende nach Luft schnappt. Nun haben wir erfahren, wo genau sie gelandet sind – bei der HSBC Private Bank in Genf.
Swiss-Leaks hat aber noch etwas ans Tageslicht gebracht – die krummen Geschäfte und die dreiste Steuerhinterziehung waren den bulgarischen Behörden nicht ganz unbekannt. Der breiten Öffentlichkeit blieb dies aber erspart, bis Swiss-Leaks herauskam. Aber wen wundert’s – wann gab es schon funktionierende Justiz und Rechtsstaatlichkeit in Bulgarien?
Übersetzung und Redaktion: Vessela Vladkova
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