Unlängst gaben die Tschauschews ein Album heraus, das sie mit „Das Leben ist Musik“ betitelten. Es ist bunt, wie das Leben selbst und enthält neben Folklore auch World Music, Jazz und Pop, die zuweilen orientalisch angehaucht sind.
„Es ist unser Debutalbum“, erzählt Weli. „Meiner Meinung nach kann den Titel des Albums, den wir gewählt haben, jedem Musiker als Lebensmotto dienen. Für uns als Künstler, Lehrer und Familie gilt das voll und ganz. Die CD enthält einige Lieder, die ich geschrieben habe; alle anderen sind Volkslieder, die von mir neu arrangiert wurden. Für unser Projekt konnten wir bedeutende Gastkünstler gewinnen, wie den Hirtenflötenspieler Theodosij Spassow und den Trompeter Michail Jossifow. Die Stücke sind vom Stil her recht verschieden. Mit aufgenommen haben wir zwei Originallieder der Karakatschanen. Diese Gesänge habe ich für das Vokalensemble „Spektrum“ bearbeitet. Die Musik dieser ethnischen Gruppe verbreitet Ruhe, die die Menschen von heute längst verloren haben. Ich bin davon überzeugt, dass sich jeder, der sich dem Genuss dieser Musik hingibt, glücklicher fühlen wird.“
Die Karakatschanen sind eine ethnische Gruppe, die einst als Wanderhirten im heutigen Bulgarien und Griechenland lebten. Ihre Herkunft verliert sich in den Anfängen der Geschichte der Balkanhalbinsel. Heute sprechen sie einen neugriechischen Dialekt und sind sesshaft. Die Wanderweidewirtschaft haben sie mit der stärkeren Bewachung der Grenzen in der Neuzeit aufgeben müssen. Väterlicherseits stammt Welitschka von den Karakatschanen ab.
„Die Karakatschanen waren einst Tierzüchter“, erzählt sie. „In Abhängigkeit von der Jahreszeit trieben sie ihre Herden auf verschiedene Weiden; dabei haben sie die klimatischen Besonderheiten auf dem Balkan genutzt. Als man die Staatsgrenzen zog, blieben viele von ihnen in Griechenland. In Bulgarien leben größere Gruppen von Karakatschanen in den Städten Sliwen und Kotel. Sie hüten ihre patriarchalischen Sitten und Bräuche und heiraten meist nur unter sich. Der Mann spielt bei ihnen die Hauptrolle – und so beginnen zuerst die Männer zu tanzen oder stimmen auch als erste ein Lied an, dann erst schließen sich die Frauen an. Mein Vater hielt strikt an den traditionellen Ritualen fest. Von ihm, wie auch von meinem Großvater habe ich viele Lieder gelernt. Ich habe mir vorgenommen, eines Tages eingehender die Musik der Karakatschanen zu erforschen.“
Weli Tschauschew ist in der ostbulgarischen Stadt Kotel geboren worden, wo er auch die dortige Nationale Folkloreschule besucht hat. Er gehört zur ethnisch-religiösen Gruppe der Alianen. Sie wurde im 16. Jahrhundert in den bulgarischen Gebieten angesiedelt. Von der Religion her sind es Schiiten, die jedoch stark von der christlichen Religion beeinflusst sind und entsprechend auch viele christliche Bräuche pflegen.
„Die Alianen sind eine verhältnismäßig kleine Gruppe und über sie gibt es in den Quellen nur wenige Hinweise“, erzählt Weli Tschauschew. „Einige von ihnen leben in den Rhodopen und in Nordostbulgarien – in den Regionen der Städte Rasgrad und Omurtag. Ihre Musik ist von der bulgarischen Volksmusik stark beeinflusst. In meiner Familie wird seit jeher viel gesungen und musiziert. Die Familienfeste verwandeln sich in wahre Konzerte. Mein Großvater war Instrumentenbauer – von ihm habe ich meine erste „Bulgaria“ erhalten – das ist eine Art Tamburizza. Mittlerweile spiele ich auch auf anderen Instrumenten. Meine Tochter Diana hat die Liebe für das Instrumentalspiel sicher von mir geerbt und lernt heute Geige. Sie singt aber auch sehr schön.“
Während des Besuches von Familie Tschauschew in unserem Hause ließ es sich die kleine Diana nicht nehmen und stimmte ein Lied an, das sie jüngst gelernt hat. Ihr Vater begleitete sie auf der Tamburizza…
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
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