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Gott in den Vorstellungen der alten Bulgaren

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Gott lebt im Himmel, umgeben von Engeln. Er trägt einen langen weißen Bart, hat ein weises Antlitz und ist gütig. Er sieht und weiß alles. Gott sorgt sich ständig um die Menschen und ihr Tun. Er liebt und schützt die rechtschaffenden und ist streng zu den bösen, die nie unbestraft davonkommen. So könnte man die alten landläufigen Vorstellungen der Bulgaren von Gott zusammenfassen.

Unsere Vorfahren waren davon überzeugt, dass Gott oft auf die Erde herabsteige, um die Menschen zu lehren, wie sie ihr Brot verdienen können. Er habe den Mann den Ackerbau gelehrt, die Frau hingegen wie sie den Haushalt besorgen kann. Dabei erscheine Gott in verschiedenen Gestalten – mal als Greis, dem kein Dach über dem Kopf geblieben ist, oder als Reisender, der nach Unterkunft für die Nacht sucht.

Jenes Haus, das ihn aufnimmt, werde von Ihm gesegnet; jene hingegen, die ihn abweisen verdamme er. Daher stand man früher jedem Gast offen gegenüber und bewirtete ihn mit dem, was ihnen Gott beschert hatte.

In einigen Märchen wird erzählt, dass Gott am Rande der Welt lebe – jener magische Ort, der den Rand der Erde darstelle. Von dort könne man in den Himmel steigen, glaubte man.

In einem der bulgarischen Volksmärchen wird die Geschichte von drei armen Brüdern erzählt. Sie machten sich auf zu Gott, um ihn um Hilfe zu bitten. Auf dem Weg begegneten sie einem in Lumpen gehüllten alten Mann. Sie legten mit ihm eine Rast ein und fingen eine Unterhaltung an. Der Greis fragte sie, wohin sie gehen, da antwortete der älteste der Brüder, dass er Gott um eine Schafsherde bitten wolle, um eine Sennerei errichten zu können. In der Nähe saß auf einer Wiese eine Krähenschar, die der Alte in Schafe verwandelte. Der junge Mann war überglücklich und blieb, um seine Schafe zu weiden, während seine beiden Brüder weiterzogen.

Und erneut trafen sie auf dem Weg einen Alten. Und wieder erfüllte er einen Wunsch – diesmal verwandelte er einen Felsen in eine Gastwirtschaft; aus dem Brunnen daneben flossen Schnaps und Wein.

Der jüngste Bruder blieb nun allein, setzte aber dennoch seine Wanderschaft fort. Bevor er das Ende der Welt erreichte, kam er an einem großen Weizenfeld an. Darin sang ein wunderschönes Mädchen. Plötzlich erschien zum dritten Mal ein Greis, der den Burschen fragte, was er von Gott wolle. Er meinte, er wolle nun nichts anderes, als ein solches schönes Mädchen zur Braut. Zusammen könnten sie den Acker bestellen und so ihr täglich Brot verdienen. Auch dieser Wunsch ging in Erfüllung.

Der Herrgott, den die Brüder eigentlich jedes Mal getroffen hatten, wollte aber nach einiger Zeit nachsehen, was aus den Brüdern und den Geschenken an sie geworden ist. Zuerst ging er, wieder in Verkleidung eines armen alten Mannes zum Hirten und bat ihn um etwas Nahrung. Dieser wies ihn  jedoch schroff ab und plötzlich verwandelten sich die Schafe wieder in Krähen und der älteste Bruder war wieder so arm wie zuvor. Ähnlich erging es auch dem zweitältesten Bruder mit der Gastwirtschaft. Der jüngste Bruder lebte zwar weiterhin arm, aber in Liebe und Harmonie. Sie bewirteten den Alten mit Brot und Salz und gewährten ihm auch Unterkunft. Sie rissen sogar die Bretter vom Dach ihres kleinen Hauses, um ein Feuer machen zu können, an dem sich der Greis wärmen konnte. Für ihre guten Taten wurden sie reich belohnt…

In den bulgarischen Volksliedern findet sich oft das Sujet, bei dem Gott die Heiligen und Engel zu einem Abendmahl versammelt. Einige der Himmelsbewohner verspäten sich und erzählen an der Tafel die Gründe hierfür. So z.B. habe Erzengel Michel noch eine Seele in den Himmel begleiten müssen, während der heilige Nikolaus einem Schiff in Seenot helfen musste. Der Herrgott lädt in einigen Liedern aber auch zu verschiedenen Arbeiten ein – die Heiligen und Engel sollen Seinen Weinberg bearbeiten, oder ein Kloster errichten.

Gott sehe aber ferner in riesigen Spiegeln alles, was auf der Erde vor sich gehe. Ihm entgehe nicht die kleinste Sünde. Schließlich würden die Seelen der Verstorbenen zuerst zu Ihm gebracht. Er entscheidet dann, ob sie in den Himmel oder in die Hölle müssen. Auch entscheide Er mittels den Schicksalsfeen über die Zukunft der neugeborenen Kinder. Ihm seien die Naturgewalten unterstellt, mit denen er die Menschen auf der Erde bestrafe, wenn sie sündigen. Er mache keinen Unterschied zwischen Jung und Alt, Arm und Reich – Ihn interessiere nur, was für ein Mensch man ist. Daher sagt man in Bulgarien: „Wenn Gott dich ernährt, fragt Er nicht, wessen Sohn du bist.“

Übersetzung: Wladimir Wladimirow



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