Das bulgarische Finanzministerium geht von einem Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr in Höhe von 2,6 Prozent aus. Die weltweit führende Ratingagentur Moody’s hingegen ist optimistischer und rechnet mit 2,7 Prozent. Am höchsten bietet jedoch der Internationale Währungsfonds (IWF) – um stolze 3 Prozent soll Bulgariens Wirtschaftsleistung wachsen. Auf dem ersten Blick unterscheiden sich die drei Prognosen nicht sonderlich voneinander. Doch, wenn es sich um ein Bruttoinlandprodukt von mehr als 45 Milliarden Euro handelt, macht jede Zahl nach dem Komma einen Unterschied. Der gemeinsame Nenner der drei Wirtschaftsprognosen ist, dass sie alle besser ausfallen, als im Frühjahr. Doch, warum fallen sie unterschiedlich aus?
Für großes Staunen sorgt der Pessimismus des bulgarischen Finanzministeriums, bedenke man, dass Finanzminister Goranow und Ministerpräsident Borissow jede Gelegenheit nutzen, um den positiven Trend in Bulgariens Wirtschaft zu loben. Borissow neigt zur Übertreibungen und hatte schon mal sogar 4 Prozent Wachstum prophezeit. Nun scheint aber der Positivismus verbleicht zu sein, was das Finanzministerium mit dem rückläufigen Verbrauch erklärt. Weiterer Grund seien die EU-Gelder, die gen Ende des Jahres traditionell schrumpfen. Hinzu kommt noch, dass der Vorausblick auf 2017 nichts Gutes verrät. Dann soll nämlich die Wirtschaftsleistung wesentlich niedriger ausfallen.
Im Gegensatz zur bulgarischen Regierung hat die Ratingagentur Moody’s nie behauptet, dass sich über Bulgarien der Horn der Fülle ausschüttet. Daran liegt auch die bescheidene Kreditwürdigkeit des Landes, was Investoren von Bulgarien fern hält. In einer ähnlichen Situation befinden sich aber auch andere, weitaus wirtschaftlich besser dastehende europäische Länder. Die konservative Prognose der Ratingagentur für Bulgarien in Höhe von 2,7 Prozent Wachstum ist im europäischen Vergleich sogar gar nicht so schlecht.
Für Überraschung sorgen auch die Erwartungen des IWF. Experten des Fonds waren vor wenigen Wochen in Bulgarien und haben alles inspiziert, was es zu inspizieren gab. Und dann kam die positive Überraschung von einem 3prozentigen Wachstum. Es bleibt unklar, ob sie sich vom Optimismus der Regierung in Sofia angesteckt, oder aber versteckte Vorteile der bulgarischen Wirtschaft entdeckt haben. Klar ist, dass sowohl das heimische Finanzministerium, als auch Moody’s und IWF das Ende der dynamischen Wachstumsraten prophezeien. Die Beobachter sind der einhelligen Meinung, dass die Ursachen dafür außerhalb Bulgariens liegen. Die unstabile politische Lage lässt die Geschäftswelt vorsichtiger sein, was langfristige Investitionspläne angeht. Zudem erscheint es immer wahrscheinlicher, dass die EU große Summen aus ihrem Kohäsionsfonds in die Bewältigung der Flüchtlingskrise umleiten wird. Dies wird sich unweigerlich auf das kleine Bulgarien mit seiner für Außeneinflüsse offenen Wirtschaft auswirken.
Übersetzung: Vessela Vladkova
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