Am 26. Oktober ehrt die Bulgarische Orthodoxe Kirche den heiligen Großmärtyrer Demetrios von Thessaloniki. Um seinen Schutz streiten sich Griechen, Bulgaren, Russen und Serben. Dozent Dr. Pawel Pawlow von der Theologischen Fakultät der Sofioter Universität „Heiliger Kliment von Ochrid“ meint, dass der heilige Demetrios zu den bedeutenden Balkan-Schutzheiligen gehört.
„Besonders im ersten Jahrtausend nach Christus kann die Verehrung dieses Heiligen auf die Nähe zu den Städten zurückgeführt werden, in denen er wirkte und letztendlich gefoltert wurde – Sirmium, Hauptstadt der römischen Provinz Pannonien (heute Sremska Mitrovica in der serbischen Vojvodina).“ Im zweiten Jahrtausend wurde der heilige Demetrios auch in anderen Regionen bis hin nach Kleinasien verehrt.
„Es ist ganz logisch, dass der heilige Demetrios gerade an diesem Tag verehrt wird, an dem seine Reliquien überführt wurden und seine Ikone Wunder vollbrachte. Sein Fest wird Ende Oktober begangen, wenn die Kirche die Gläubigen nach dem langen Sommer und der schweren Feldarbeit versammelt. Nach Hause kehren auch jene zurück, die in der Ferne gearbeitet haben und nun speziell zum Demetrios-Tag kommen. Es beginnt ein neuer Zyklus im Leben der Kirche und der Familien. Das Wetter schlägt um, die Feldarbeit ist zu Ende und alle versammeln sich in Erwartung des großen Festtages – Christi Geburt. Über diesen Tag spricht die Kirche in ihren Gesängen bereits seit Anfang September, wenn die Geburt der Jungfrau Maria begangen wird.“
Dozent Pawlow erklärt, dass „in den Wandmalereien der Kirchen die Heiligen Georg und Demetrios als Krieger in der ersten Reihe der Märtyrerheiligen einer neben den anderen, oder einer gegenüber dem andren, dargestellt werden. Auf der Balkanhalbinsel ist es Tradition, dass die Verehrung der Heiligen mit der Verehrung des heiligen Georg und des heiligen Demetrios als Großmärtyrer beginnt.“
Da die Kirche den heiligen Demetrios als „Krieger Christi und Märtyrer“ einstuft, könnte man annehmen, dass jeder Heilige sein spezielles Golgatha erlebt hat?
„So ist es, vor allem wenn es um die Märtyrer geht“, erklärt der Theologe. „Jeder Heilige hat seinen eigenen Weg der Taten und Prüfungen. Die Märtyrer, besonders die des 3. und 4. Jahrhunderts nach Christus, stammen meistens aus den Reihen des Kriegsheeres. Gerade in der Armee wurde das Benehmen eines jeden einzelnen streng beobachtet, so dass man die Christen unter den Soldaten schnell entdeckte. Sie weigerten sich, den Götzendienst zu leisten und bekannten sich zu Christus, was ihnen dann das Leben kostete. Es gibt viele namenlose Christen, die für ihren Glauben gestorben sind. An 2. September ehrt die Kirche die 3.618 Märtyrer von Nikomedia. Es gibt viele Märtyrer, doch unter ihnen treten die Heiligen Demetrios und Georg besonders hervor. Sie stammen beide aus dem frühen 4. Jahrhundert, als der Kaiser Diokletian regierte, der die größten Christenverfolgungen in der Frühzeit der christlichen Kirche durchführte. Der heilige Georg starb den Märtyrertod in Nikomedia, der Residenzstadt von Diokletian, während der heilige Demetrios seinen Lebensweg in Thessaloniki beendete.“
Über die Beziehung zwischen dem heiligen Demetrios und dem Zweiten Bulgarenreich sagte Dozent Dr. Pawel Pawlow von der Theologischen Fakultät der Sofioter Universität:
„Das ist wichtig, wenn wir über den heiligen Demetrios sprechen. Georgios Akropolites und andere Chronisten vom Ende des 12. und Anfang des 13. Jahrhunderts bezeugen, dass mit dem Eindringen der Normannen in die Balkanregion, alte Traditionen und Verehrungen entwurzelt werden. Als sie Thessaloniki einnahmen, plünderten sie die Kirche des heiligen Demetrios, doch der Heilige ließ es nicht zu, dass seine wundertätige Ikone verbrannt wird und sie erschien in Tarnowo. Dieses Wunder half beim Aufstand der Asseniden im Jahre 1185, als Bulgarien die byzantinische Fremdherrschaft abschüttelte. Nach einem Streit mit dem Imperator in Konstantinopel kehrten die Bojarenbrüder Assen und Petar beleidigt nach Tarnowo zurück. Das Erscheinen der Ikone deuteten sie als ein Zeichen, dass der Heilige nun ihre Stadt beschützt und errichteten ihm zu Ehren eine Kirche. Darin stellten sie die Ikone auf. In der Zeit der bulgarischen Wiedergeburt im 18. und 19. Jahrhundert, als die bulgarische Kirche um ihre Eigenständigkeit vom Konstantinopler Patriarch kämpfte, wurde der heilige Demetrius auf den Ikonen als Reiter dargestellt. In der Hand hält er eine Lanze, mit der er einen auf dem Boden liegenden Menschen durchbohrt. Die Griechen behauptet, dass das der bulgarische Zar Kalojan ist, der am 8. Oktober des Jahres 1207 bei der Belagerung von Thessaloniki in seinem Zelt ermordet wurde. Das ist die dritte Seite der Interpretation: der Heilige kehrt in seine Stadt zurück, um sie vor der Einnahme durch den bulgarischen Zaren Kalojan, dem dritten Bruder der Asseniden, zu bewahren. Doch hier ist die Auslegung falsch, denn zu jener Zeit befand sich die Stadt in den Händen der Kreuzritter. Die Interpretationen müssen sich schon an die geschichtlichen Tatsachen halten. Die Historiker streiten noch darüber, wie die Ikone des heiligen Demetrios damals nach Bulgarien gekommen ist. Die Kirche spricht davon, dass der Heilige selbst in jene Stadt gegangen sei, in der er am meisten verehrt wird.“
Abschließend sprach der Theologe den Wunsch aus, „der heilige Demetrios möge jeden von uns mit seinem Gebet schützen und uns mit Gesundheit und Kräften segnen und vor allem alle Menschen auf der Balkan-Halbinsel unter seinen Schutz stellen“.
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
Fotos: Archiv
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