Meeresfrüchte werden in Bulgarien nicht so oft aufgetischt wie bei unseren südlichen Nachbarn, den Griechen. Fischspeisen gehören aber am Nikolaustag laut bulgarischem Brauch unbedingt auf den Tisch, und das obwohl das Fest in die Weihnachtsfastenzeit fällt.
„Laut der orthodoxen Religion wird am Nikolaustag obligatorisch Karpfen zubereitet. Als Gott die Welt unter sechs Heiligenbrüdern aufteilte, entfielen der Sage zufolge die Meere und Ozeane auf den Heiligen Nikolaus. So wurde er zum Herrscher der Gewässer“, erzählt Boris Tassew von der Kochschule „Amuse-Bouche“.
Als der Heilige Nikolaus einmal mit seinen Gefährten in See stach, kam ein starker Sturm auf und das Boot wurde leck. Da begann der Heilige Nikolaus zu beten, griff danach ins Wasser und holte einen Karpfen hervor. So lautet die Legende, obwohl der Karpfen kein Salzwasserfisch ist. Mit dem Karpfen stopfte der Heilige Nikolaus das Leck und so gelangten alle unversehrt wieder an Land. Aus diesem Grund wird am Nikolaustag Fisch gegessen. Außerdem sollte man, wenn man den Karpfen für das Festessen putzt, sehr darauf achten, dass keine Schuppen auf den Boden fallen, weil ansonsten das Wohlergehen der Familie auf dem Spiel steht. So der Volksglauben und weiter: Sollte man auf eine Schuppe treten, könnte man erkranken. Dafür sei es aber ratsam, die größte Schuppe vom Karpfen in die Geldbörse zu legen, weil sie so immer prall mit Geld gefüllt sein werde.
Was gehört am Nikolaustag in Bulgarien unbedingt auf den Tisch?
„Traditionell wird die Speise „Ribnik“ zubereitet – das ist in der Regel ein mit klein geschnittenen Zwiebeln und Walnüssen gefüllter und in Sauerteig gehüllter Karpfen, der gebacken wird“, erklärt Boris. Er würde aber ein anderes Rezept empfehlen, das seiner Ansicht nach interessanter ist. „Ich persönlich würde den Karpfen in Koteletts schneiden, leicht karamellisierte Zwiebeln mit etwas Walnüssen und Olivenöl zubereiten. Die karamellisierten Zwiebeln würde ich in eine Bratpfanne mit etwas Rotwein und etwas Wasser geben, den Karpfen darauf legen und so in die Bratröhre schieben.“
Damit das Karpfengericht saftig und wohlschmeckend ist, sollte der Karpfen aus einem reinen Gewässer stammen.
„Der Karpfen ist ein Bodenfisch. Wenn das Gewässer rein ist, wird er nicht nach Schlamm riechen“, rät uns Boris Tassew. Außerdem sollte das Fischgericht bei einer passenden Temperatur zubereitet werden und nicht zu lange erhitzt werden, weil es ansonsten trocken wird. Unterschiedliche Fische werden bei unterschiedlichen Temperaturen gegart, doch sollte die Innentemperatur auf höchstens 48 bis 60 °C klettern.
Zum Fisch kann man auch fleischlos gefüllte Paprikaschoten und Wickel, Mais, Bohnen und gekochten Weizen servieren, empfiehlt Boris Tassew. Und natürlich rituelles Brot, geschmückt mit Figuren rund um die Seethematik. In den unterschiedlichen Regionen Bulgariens wird das Brot auf unterschiedliche Art und Weise zubereitet. Eine der Varianten ist das gebadete Rundbrot. Für alle, die sich wundern, was das genau ist, erklärt Boris Tassew:
„Das gebadete Rundbrot gärt im Wasser. Der fertige geknetete Teig wird er in ein Tuch gewickelt und eine mit Wasser gefüllte tiefe Schüssel getaucht. Man lässt den Teig ruhen, bis er an die Oberfläche schwimmt, denn das bedeutet, dass er aufgegangen ist“, weiht uns Boris Tassew ein.
Ein weiterer Tipp – wenn der Teig beim Hineindrücken wieder seine alte Form annimmt, ist er fertig. Falls er einfällt, ist er überreif geworden. Wenn also der Teig nach allen Regeln der Kunst aufgegangen ist, wird er dünn ausgerollt, eingefettet und zu einer Rolle geformt. Diese wird in Scheiben geschnitten, die nebeneinander gereiht werden. Das ist der einfachste Weg, um ein Rundbrot zuzubereiten, behauptet Boris Tassew. Zum krönenden Abschluss des Abends sollte man sich ein Gläschen Rotwein gönnen. Und für Süßmäulchen kann es zum Nachtisch gekochten Weizen mit Puderzucker und geriebenen Walnüssen geben.
Und zu guter Letzt noch etwas sehr Wichtiges für die traditionelle Symbolik! Der am Nikolaus eingedeckte Tisch darf den ganzen Tag über nicht aufgeräumt werden. Damit wir unsere Gesundheit nicht wegwerfen, dürfen auch die Fischgräten nicht weggeworfen werden. Sie sollten verbrannt, in einen See, Fluss oder ins Meer geworfen oder aber in der Erde vergraben werden.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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