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„Verschling nicht deine Träume“ oder die Geheimnisse des Angelns in der Stadt

Kann man im Zentrum Sofias einen Fisch angeln? Eine Antwort auf diese Frage geben die Vlogger von „Twitch Fishing”. Die jungen „Spinnfischer“ beschäftigen sich mit „Streetfishing“. Dahinter verbirgt sich „Angeln in städtischem Umfeld“, was im Unterschied zum benachbarten Rumänien, wo sogar Wettbewerbe veranstaltet werden, in Bulgarien kaum bekannt ist. In Frankreich beispielsweise ist diese Art des Angelsports seit 10 oder 15 Jahren ein populäres Hobby.

Einmal versuchten wir eine Forelle in einem der Flüsse zu fangen, die durch das Zentrum von Sofia fließen“, erzählt Michail Petrow, Gründer des Videokanals. „Wir hatten aus recht unsicheren Quellen erfahren, dass die Fische flussabwärts schwimmen. Bereits beim ersten Versuch fingen wir eine große Forelle. So fingen wir Feuer und betreiben nun seit einiger Zeit „Streetfishing“. Stets sind wir auf der Suche nach neuen Plätzen und prüfen, ob es dort Fische gibt.

In Sofia gibt es gleich mehrere Seen und durch die Stadt fließen insgesamt 7 kleinere Flüsse, die im nahen Witoscha-Gebirge entspringen. Einer dieser Flüsse fließt genau am Kulturpalast vorbei – dort allerdings unterirdisch und erst in einiger Entfernung ist er für alle sichtbar. Ja, auch in diesem Fluss leben Forellen.

Wenn man den Leuten erzählt, dass es in den recht schmutzigen Gewässern der Hauptstadt Forellen gibt, wollen sie es nicht glauben, denn die Forelle lebt eigentlich in fließendem sauberen Wasser. Anscheinend hat sie sich jedoch den Bedingungen angepasst, denn in die Flüsse, die durch Sofia fließen, münden eine Reihe alter Abwasserkanäle. Ich würde keinem empfehlen, selbst wenn er einen Fisch fangen sollte, ihn zu essen, weil sich dieser Fisch von Abfällen ernährt. Von den Raubfischen leben in den Gewässern Sofias Hechte (Esox lucius), Forellen (Salmo trutta) und Flussbarsche (Perca fluviatilis); von den Friedfischen sind Schleien (Tinca tinca), Rotfedern (Scardinius erythrophthalmus) und Flussbarben (Barbus barbus) anzutreffen. Es gibt also eine Fischvielfalt, die Fische selbst sind jedoch weniger an der Zahl“, unterstreicht Michail Petrow.

Experten meinen, dass man die Gewässer Bulgariens fast leergefischt habe. In den letzten 20 bis 30 Jahren wird viel unkontrolliert geangelt auch häufig kommen Netzte und Strom zum Einsatz, was verheerende Folgen für den Fischbestand hat. Glücklicher Weise ist in den letzten 4 oder 5 Jahren das sogenannte „Catch and release“ recht populär geworden, d.h. die gefangenen Fische werden wieder freigelassen. Ist das eine Modererscheinung?

Wir versuchen es durchzusetzen“, antwortet Michail Petrow. „Von den Anglern lassen lediglich 5 oder 10 Prozent die Fische wieder frei, während es bei den Spinnfischern, die mit künstlichen Ködern angeln, etwa 50 bis 60 Prozent tun. Bei jenen, die Flugangeln betreiben, ist der Prozentsatz noch höher – sie lassen fast jeden geangelten Fisch wieder frei. Die Massenangler denken jedoch anders – wenn ich den Fisch freilasse, fängt ihn dann jemand anders. Wenn alle so denken, wird es bald keine Fische mehr geben. Das Ziel besteht nicht darin, kostenlos Fisch zu essen, sondern in die Natur zu gehen und den hastigen Alltag zu vergessen. Aus diesem Grund lautet das Motto des Videokanals „Twitch Fishing”: „Verschling nicht deine Träume!“. Jeder Angler träumt davon, einen großen Fisch zu fangen. Wenn jedoch alle ihre gefangenen Fische aufessen, wird keiner die erträumte Größe erreichen.“

Michail Petrow erzählte uns, dass er Fische in Flüssen, Seen, Meeren und Ozeanen gefangen hat. Und dennoch macht es ihm eine größere Freude, sie in der Stadt zu angeln:

Viele Menschen wundern sich darüber. In meinen Augen ist es jedoch etwas Einzigartiges. Man fängt nämlich Fische dort, wo die meisten denken, dass es nicht einmal Frösche gibt. Die größten Fische, die ich in der Stadt geangelt habe sind ein rund 2 Kilogramm schwerer Hecht und eine Forelle mit einem Gewicht von anderthalb Kilogramm und einer Länge von 50 Zentimetern.


Vor zwei Wochen fing ich einen Albino-Wels – weiß, mit rosaroten Augen und einem Gewicht von rund 2 Kilogramm. Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben einen solchen Fisch gesehen. Es war eine große Überraschung für mich und mein interessantester Fang im Streetfishing.“

Hat diese Art Angeln auch ihre Geheimnisse, wollten wir von Michail Petrow wissen:

Man muss Ausdauer besitzen und sich natürlich nicht schämen, mitten in der Stadt die Angel auszuwerfen. Diese Art des Angelns empfehle ich jungen Menschen, die non-stop vor den Computern hocken oder sich mit einer anderen ungesunden Tätigkeit befassen. Das Streetfishing bereitet Freude und ist ein großer Sport, der entspannt und für zureichend körperliche Bewegung sorgt. Verschlingt nicht eure Träume und möge es mehr Fische zum Angeln geben!

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow

Fotos: Privatarchiv



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