Vizepremier Krassimir Karakatschanow hat auf einer Sitzung des Nationalen Rates für ethnische und Integrationsfragen ein neues Konzept für Veränderungen in der Integrationspolitik für die Roma in Bulgarien vorgestellt. Das Dokument konzentriert sich auf drei Hauptprioritäten: Bindung sämtlicher Sozialhilfen an die Verpflichtung der Roma-Familien, ihre Kinder obligatorisch in die Schule zu schicken; Abriss der illegalen Roma-Ghettos und somit Prävention ethnischer Spannungen im Land.
„Seit vielen Jahren ist unverkennbar, dass die Integration dieser Bevölkerung praktisch nicht funktioniert, weil sie keinerlei sichtbare Ergebnisse zeigt. Genau das Gegenteil passiert, die Armut grassiert“, sagte Krassimir Karakatschanow. „Das Analphabetentum unter den Kindern und die Zahl der Kinder, die nicht zur Schule gehen, wächst. Es herrscht eine angespannte kriminogene Atmosphäre an Orten mit kompakter Roma-Bevölkerung, die in illegalen Ghettos lebt. Ich bin der Ansicht, dass die Philosophie, auf der die Idee zur Integration dieser Bevölkerung fußt, von Grund auf verkehrt ist. Wir sehen nämlich, dass alle Maßnahmen, die die NGOs bislang treffen, nicht real dazu führen, dass diese Bevölkerung integriert wird und sich dank Bildung gleichberechtigt auf dem Arbeitsmarkt behaupten kann, dass diese Menschen stimuliert werden, sich real um ihre Kinder zu kümmern, sich real zu bilden und somit passende Arbeit finden. Es entsteht ein Teufelskreis – wenn man einmal im Ghetto geboren ist, dann bleibt man im Ghetto – ohne Bildung, ohne Arbeitsgewohnheiten, deren Mangel einen zum Outsider auf dem Arbeitsmarkt macht. Die Folge ist eine vollständige Marginalisierung, ein geschlossener Teufelskreis.“
Im Saal wurden reine Reihe Meinungen seitens des Nichtregierungssektors laut. Einige haben bekräftigt, das eine neue Philosophie für die Integration der Roma Not tut, die Kritiker jedoch waren mehr an der Zahl.
„Sie reden weiterhin von Kriminalität, aber es gibt keine Roma-Kriminalität, Herr Karakatschanow, sondern generell Kriminalität in Bulgarien“, konterte Assen Kolew von „Informa“. „Über 90 Prozent der Menschen arbeiten, gewissenhaft, zielstrebig, wenn sie die Möglichkeit dazu haben. Ja, genau so ist es. Integration ist ein beidseitiger Prozess. Integration bedeutet, dass sich die Roma integrieren, aber dass die Bulgaren das auch gern sehen. Es gab schon Fälle, wenn ein Roma gesagt hat, er sei auch ein Bulgare – wissen Sie, was ihm danach widerfahren ist?“
„Warum gibt es denn überhaupt arme Menschen? Wenn ich zu einem Arbeitgeber gehe und er meine dunkle Hautfarbe sieht, dann sagt er: „Oh, gut, ich rufe dich an“ – und das war’s! Für uns Roma gibt es keine Arbeit. Wir arbeiten nur bei der Stadtreinigung, bei der Müllentsorgung, weil dort eben keine Bulgaren arbeiten“, sagte seinerseits Georgi Bachow, Direktor der Stiftung „Roma-Integration“.
„Das von Ihnen unterbreitete Konzept ist nicht das passende für Bulgarien. Wir lassen uns nicht in Zigeuner und Bulgaren teilen. Wir, die Zigeuner, sind Teil der bulgarischen Gesellschaft“, meinte Maria Stoimenowa der von Stiftung „Gülchai“.
Das von Vizepremier Karakatschanow vorgelegte Konzept unterliegt keiner Abstimmung seitens des Nationalen Rates und soll in die Regierung eingebracht werden, als Entwurf für Änderungen der neuen Strategie für Roma-Integration, die 2020 im Parlament abgestimmt werden soll. Das Resümee von Krassimir Karakatschanow lautete:
„Wenn ich mir die meisten von Euch so anhöre, dann habe ich fast das Gefühl, als würde ich nicht in diesem Land leben. Dieses Dokument wird seit sechs Monaten erörtert und wurde publik gemacht. Ich habe gleich zu Beginn erklärt, dass wir offen für Kritik jeder Art sind. Aber, bei aller Achtung, zu sagen, dass kein Problem existiert oder dass es so gut wie gelöst sei, bedeutet, dass wir unseren Kopf in den Sand vergraben. Wir sollten die Klischees brechen, denn die Klischees haben gezeigt, dass sie nichts taugen.“
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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