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Heilig Abend – ein Fest heidnischer und christlicher Traditionen

Ganz gleichgültig, wie das Jahr für uns war – die Weihnachtszeit zieht alle in ihren Bann – Geschenke werden gekauft und Festtafeln geplant, denn Heilig Abend muss gebührend vorbereitet werden. Die meisten Menschen hasten so und so das ganze Jahr über, doch im Dezember macht die Aufregung wirklich Freude. Die Bulgaren vermerken in diesem Monat einige wichtige Namenstage, doch Heilig Abend stellt sie alle in den Schatten – es ist das schönste aller Familienfeste.

Die Geburt des Erlösers steht im Mittelpunkt der Festtage, doch dieses freudige Ereignis hat es in den vielen Jahrhunderten nicht geschafft, die heidnischen Traditionen zu beseitigen. Vom Chaos zur Ordnung, vom Dunkel zum Licht, vom Ende zu einem neuen Anfang – diese Vorstellungen stehen heute unter dem Deckmantel der christlichen Religion, haben ihren Ursprung aber in der heidnischen Feier zur Wintersonnenwende. Unsere antiken Vorfahren begingen die Geburt einer neuen Sonne, die von den Zweigen des Weltenbaumes zur Erde herabgleiten würde, um die Tage der Menschen zu erhellen. Davon zeugen bis heute etliche Rituale, wie auch Stickereien und Teppichmuster, Ritualbrote und Melodien und vieles andere mehr. Wir feiern aber nicht mehr die junge Sonne, sondern den „jungen Gott“, wie es in einigen Volksliedern heißt.

Zu Weihnachten finden viele Menschen Zeit zum Nachdenken – über sich und die Familie, wie auch über das Fest selbst und seine Botschaften. Einige sehen vor allem die aus heidnischer Zeit stammenden Traditionen, andere wiederum schätzen die Wärme und Gemütlichkeit, die das Fest ausstrahlt. Auf Heilig Abend freut sich die ganze Familie, die sich an der Festtafel versammelt. Selbst jenen, die nichts vom Fasten und vegetarischer Kost halten, ist die Tradition heilig – aufgetischt werden ausnahmslos Fastengerichte, aber gleich eine Vielzahl davon – stets jedoch eine ungerade Anzahl. Aufgetischt wird all das, was der Boden zeugt – Weizen, Mais, Bohnen und Reis, Zwiebeln, Nüsse, getrocknetes und frisches Obst und nicht an letzter Stelle das runde Ritualbrot, in das eine Münze als Glücksbringer mit eingebacken ist.

Das älteste Familienmitglied beweihräuchert die Tafel, während im Ofen ein spezielles Stückholz brennt, das unbedingt aus Eiche sein muss. Das ist aber wieder ein Ritual für sich und stammt ebenfalls aus heidnischer Zeit. Früher wurde an der Art und Weise, wie dieses Holz brennt orakelt.

Alle alten bulgarischen Weihnachtsbräuche sollten einst auf die anbrechende neue Periode vorbereiten. Das rituelle Feuer sollte der noch „jungen“ Sonne helfen, allmählich wieder an Kraft zu gewinnen. Man glaubte damit auch das Chaos in der Natur überwinden zu helfen, damit sich die kosmische Ordnung wieder einstellt.

Die Speisen auf der Festtafel galten als blutlose Opfergabe, dienten gleichzeitig als Dankopfer und sollten Wohlstand herbeiführen. Diesen Speisen wurden magische Kräfte nachgesagt und so hob man sich einiges davon auf und verwendete es im darauffolgenden Jahr zur Heilung von Krankheiten. Auch wurden diese Speisen bei Fruchtbarkeits- und anderen Ritualen benutzt.

Unmittelbar nach Mitternacht begann für die Bulgaren das eigentliche Weihnachten. Die frohe Botschaft der Geburt des Erlösers wurde von den Weihnachtssängern kundgetan, die von Haus zu Haus zogen und die Menschen mit ihren speziellen Liedern segneten. Und jeweilige Lieder gab es für jedes Familienmitglied, jedes Alter und jeden Beruf. An einigen Orten in Bulgarien, vor allem auf dem Lande, gehen bis heute noch Weihnachtssänger von Hof zu Hof und tragen ihre Lieder vor. Weinachten ist halt ein Fest der geteilten Freude. Früher war es üblich, dass am ersten Weihnachtsfeiertag die Kinder in das Haus ihrer Eltern gehen; besucht wurden auch die Trauzeugen und Taufpaten, wie auch die älteren Meister der Handwerkszunft, der man angehörte. Ein zünftiges Dorffest durfte natürlich auch nicht fehlen, auf dem traditionell ein großer Reigen getanzt wurde. Was die Festtafeln anbelangt, durften nun Fleisch und verschiedene Fleischgerichte aufgetischt werden. Man trank, wie zu Heilig Abend Glühwein und Glühschnaps.

Heutzutage pflegen viele Bulgaren etliche der Traditionen weiter, selbst wenn sie fern der Heimat leben. Zumindest was die Festtafeln anbelangt, hält man sich an die althergebrachten Gebote. Man versäumt es nicht, allen Bekannten und Verwandten zum Fest zu gratulieren und ihnen viel Gesundheit und Glück zu wünschen. Und das wollen wir nun unsererseits auch tun – Frohe Weihnachten, liebe Hörerinnen und Hörer, wie auch User unserer Internet-Seite!

Radostina Jowkowa – „Weihnachtsliedersammlung“

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow

Fotos: BGNES und Shutterstock; Foto-Collage: Mihail Dimitrov



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