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Überleben die Branchen, die aufgrund der Corona-Krise ihre Aktivitäten einschränken mussten?

Foto: Archiv

Die Covid-19-Pandemie und die damit verbundenen Antiepidemiemaßnahmen, die seit knapp einem Jahr unseren Alltag prägen, haben extrem negative Auswirkungen auf eine ganze Reihe von Wirtschaftszweigen. Die Wiederbelebung einiger Branchen im Sommer war nur von kurzer Dauer. Sie konnte von jenen, die in der Unterhaltungsindustrie tätig sind, beispielsweise Bars und Nachtclubs, kaum wahrgenommen werden, da sie nur 4 Monate lang arbeiten konnten. Einige der Restaurants haben es geschafft, ihren Dienst vollständig auf einen Lieferservice umzustellen, doch auch sie verzeichnen erhebliche Verluste. Obwohl die Zahl der Covid-19-Infizierten sinkt, ist immer noch unklar, wann die Lokale wieder öffnen können, wenn auch mit beschränkten Besucherzahlen. Aus diesem Grund hat die Vereinigung der Gaststättenbetreiber in Bulgarien am 27. Januar einen landesweiten Protest ausgerufen, in der Hoffnung, dass ihre Forderungen von der Regierung gehört werden.

„Viele Unternehmen sind bereits am Rande, wozu auch die verspätete Unterstützung beiträgt. Sie haben das Geld, das sie noch nicht erhalten haben, bereits im Voraus ausgegeben“, sagte der Vorsitzende der Vereinigung des Industriekapitals in Bulgarien Wassil Welew in einem Interview für den Bulgarischen Nationalen Rundfunk.


„Das Warten auf Geld von Kreditgebern zögert die Insolvenzerklärung nur etwas hinaus. Die Lage ist alles andere als rosig. Vielleicht sollte eine teilweise Öffnung in Betracht gezogen werden, da eine lange Einstellung der Arbeit, selbst bei angemessener Entschädigung, der Wirtschaft, dem Unternehmertum und den Menschen schadet.“

Wie sieht die Lage mit den Entschädigungen aus?

Nach Angaben des Ministeriums für Arbeit und Sozialpolitik befinden sich derzeit 40.000 Menschen in unbezahltem Urlaub und haben die Unterstützung von 24 Lewa pro Tag beantragt. Die Zahlung dieses Geldes verzögert sich jedoch aufgrund langwieriger bürokratischer Verfahren. Worten von Wassil Welew zufolge gibt es auch noch Summen, die der Staat den bereits vom ersten Lockdown im März und April betroffenen Händlern schuldet:

„Die ständige Verschiebung der Entschädigung für diese Unternehmen wird letztendlich dazu führen, dass es niemanden mehr geben wird, der zu entschädigen ist. Die Tatsache, dass viele Arbeitsplätze dank der 60:40-Maßnahme erhalten bleiben, ist irrelevant, da sie mit der Schließung der Unternehmen verloren gehen. Das Gleiche gilt auch für die neuen Maßnahmen in Unterstützung von Unternehmen, deren Einrichtungen geschlossen wurden, nachdem die einen Teils ihres Umsatzes wiederhergestellt haben.“

In der Tat ist das Risiko vor steigenden Arbeitslosenzahlen nicht gering. Über die wahren Ausmaße können aber immer noch nur Vermutungen angestellt werden.

„Das Jahr hat ziemlich negativ begonnen“,  sagte Georgi Parvanov, Mitglied des bulgarischen Arbeitsverbandes, gegenüber dem Bulgarischen Nationalen Rundfunk.


„In der ersten Januarwoche sind 15.000 neue Arbeitslose dazugekommen. Seit Ausbruch der Epidemie  haben ca. 150.000 Personen ihren Job verloren. Meiner Meinung nach sind es tatsächlich aber an die 200.000, da sich viele Menschen in unbezahltem Urlaub befinden und nicht als arbeitslos registriert sind. Der Staat meldet nur die registrierten Arbeitslosen - etwa 7 Prozent. Wenn wir jedoch die Arbeitslosigkeit vor der Pandemie nehmen und diese 200.000 neuen Arbeitslosen dazu rechnen, steigt der Prozentsatz merklich an. Ich hoffe sehr, dass die Restaurants und Einkaufszentren im Februar wieder öffnen können.“


Trotzdem wird es laut Georgi Parwanow einige Zeit dauern, bis die Leute sie wieder in Ruhe besuchen. Andererseits ist es für den Staat äußerst wichtig, sich auch den jungen Menschen zuzuwenden. Sie werden immer verzweifelter, weil ihnen die realen sozialen Kontakte außerhalb der Familie fehlen und weil sie nicht die Möglichkeit haben, Sport zu treiben. Auch bei ihnen ist ein spürbares Wachstum der Arbeitslosigkeit zu beobachten, aber das wird nicht lange anhalten, weil sie geneigt sind, sich umzuqualifizieren oder nach neuen Entwicklungsmöglichkeiten im Ausland zu suchen. Bulgarien sollte unbedingt verhindern, dieses Potenzial ans Ausland zu verlieren, rät Parwanow.

Übersetzung: Rossiza Radulowa

Fotos: Archiv, BGNES, Ani Petrowa


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