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Der 1. Mai und die Arbeit der Ärzte – Arbeit unter extremen Bedingungen

Dr. Radoswet Gornew: Es gibt keine Freiwilligenarbeit in der Medizin, die Verantwortlichkeiten und Risiken sind für alle gleich

Dr. Radoswet Gornew
Foto: BGNES

Am 1. Mai, dem Internationalen Tag der Arbeit, wird oft über die Rechte der Arbeitnehmer, die angemessene Bezahlung und den wohlverdienten Urlaub gesprochen, die zumindest in den entwickelten Staaten ein wesentlicher Bestandteil der Grundsätze von Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind. Seit mehr als einem Jahr gibt jedoch die Pandemie auf der ganzen Welt den Ton an und zwingt neue Arbeitsbedingungen auf.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt, in dem alle Aktivitäten im Einklang mit den Epidemie-Maßnahmen stehen, ist es insbesondere für die Mediziner eine Zeit anstrengender Arbeit rund um die Uhr im Kampf gegen den unbekannten Feind. Die globale medizinische Krise hat Ärzte, Krankenschwestern, Pfleger, alle in den Krankenhäusern Beschäftigten und die Administration völlig unvorbereitet getroffen. Das Problem mit dem Fachkräftemangel auf der ganzen Welt im medizinischen Bereich ist besonders schmerzhaft zum Vorschein gekommen.

So wie überall, hat die Covid-19-Pandemie auch die Mediziner in Bulgarien schwer getroffen. 130 von ihnen haben bisher im Kampf gegen die Infektion ihr Leben verloren.

Zu Beginn der Krise begann alles mit der Prognose, dass die Infektion wie eine gewöhnliche Grippewelle vorbeigehen und mit der warmen Jahreszeit völlig verschwinden wird.

„Das hat sich als eine Illusion herausgestellt. Dann machte sich die Angst buchstäblich wie eine Pest breit“, erinnert sich Doz. Radoswet Gornew, einer der führenden Chirurgen und Leiter der Klinik für Allgemeine Chirurgie am Universitätsklinikum Losenez.

„Die Isolation von Patienten und Personal war anfangs sehr streng. Inzwischen sind ganze Stationen und Krankenhäuser zu Covid-Kliniken geworden. Wir haben uns irgendwie daran gewöhnt, diese Patienten zu behandeln, obwohl es bis heute kein eindeutiges Protokoll gibt, an dem wir uns halten können“, unterstreicht Doz. Radoswet Gornew.

„Es ist alles eine Frage der genauen Analyse und allen ist klar geworden, dass diese Pandemie immense Probleme in den Vordergrund gerückt hat, vor allem die Disproportionen in den verschiedenen medizinischen Fachgebieten. Das belastet die Ärzte enorm“, sagt Doz. Gornew und bringt sein Erstaunen darüber zum Ausdruck, welche Ressourcen wir als Gesellschaft haben, was er als großen Reichtum bezeichnet.

„Unsere Mitarbeiter, insbesondere die Krankenschwestern, sind in der Lage, sich so zu organisieren, dass sie so effektiv wie möglich sind. Doch nach dem Dienst in der Covid-Abteilung sind sie erschöpft und buchstäblich mit blutleeren Gesichtern. Sie brauchen dann mindestens 24 Stunden Erholung. Die Belastung ist 7 Tage die Woche und das monatelang. Dabei ist es erwiesen, dass eine Krankenschwester auf der Intensivstation innerhalb ihres 12-stündigen Dienstes über 24 Kilometer zurücklegt und über 8 Tonnen Gewicht hebt! Das ist selbst für Schwerathleten innerhalb ihres Trainings eine enorme Leistung“, vermerkt der Chirurg. 

Den Gesundheitsbehörden zufolge ist die dritte Covid-Welle in Bulgarien am Abebben. Einige Immunologen warnen aber vor der Gefahr einer vierten Welle.

Dr. Gornew bedauert, dass Bulgarien als Staat und Administration, was die Organisation anbelangt, viel Zeit vergeudet hat und immer wieder in die gleichen Fallen getappt ist anstatt angemessener zu reagieren und strengerer Maßnahmen zu ergreifen.

Auch hinsichtlich der Impfung wurde versäumt, die Öffentlichkeit eingehend zu informieren. Die Gesellschaft in Hinsicht auf die Impfstoffe gespalten.

„Alle medizinischen Fachkräfte sind ständig in Kontakt mit infizierten Patienten und riskieren, selbst infiziert zu werden. Die meisten von uns wurden geimpft, aber es gibt bereits Fälle, dass geimpfte Personen sich ein zweites Mal infizieren“, warnt Doz. Radoswet Gornew und hofft, dass bald ein größerer Teil der Bevölkerung geimpft sein wird.

Als ein großes Problem bezeichnet er die Arbeit mit Patienten, die kein Covid-19 haben, sondern chronische Erkrankungen und Krebs. Die Diagnosen und die Behandlungen laufen schleppend, was künftig schwere Auswirkungen haben wird, bedauert der Arzt.

Redaktion und Übersetzung: Georgetta Janewa

Fotos: BGNES



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