Über 500 Mediziner verlassen Bulgarien jedes Jahr. Angesichtes der Corona-Krise und des Drucks auf das Gesundheitssystem hat der Mangel an Gesundheitspersonal einen kritischen Punkt erreicht. Die Statistik ist mehr als besorgniserregend: in den medizinischen Einrichtungen fehlt es an 470 Ärzten und 26.000 Krankenschwestern. In den Dörfern ist der Mangel noch deutlicher, wo nur ein Fünftel der Ärztestellen belegt ist. In etwa 10 bis 15 Jahren wird der Mangel an medizinischem Personal voraussichtlich katastrophal sein, da momentan ein Drittel der Ärzte über 50 Jahre alt ist. Nach Angaben des Nationalen Statistischen Instituts gibt es landesweit 4.015 allgemeinpraktizierende Ärzte; die Zahl der Studienanwärter für die Fachrichtung „Facharzt für medizinische Versorgung“ ist auf über die Hälfte zurückgegangen.
„Von 635 Bewerbern im Jahr 2011 ist ihre Zahl in nur zehn Jahren auf 286 geschrumpft“, sagte der Rektor der Medizinischen Universität in Plewen Prof. Dobromir Dimitrow im Gespräch mit dem Bulgarischen Nationalen Rundfunk. Als Hauptgründe nannte er:
„Niedrige Löhne, schlechte Arbeitsbedingungen, schwieriger Beruf im Allgemeinen. Der Studienbewerber, der sich Informationen über seine spätere Realisierung auf dem Arbeitsmarkt einholt, ändert schnell seine Entscheidung und bewirbt sich nicht für dieses Fachgebiet.“
Die Zahl der registrierten Gesundheitsfachfrauen und -Männer lag Ende letzten Jahres bei 45.000, aber der Mangel an Pflegekräften ist nach wie vor eine Tendenz, klagt Prof. Dimitrow uns setzt fort:
„Das Verhältnis von Krankenschwester zu Arzt liegt derzeit bei 0,9 zu eins, bei einem geforderten Minimum von 2 zu 1. Der Staat muss eingreifen, damit die Fachrichtungen „Krankenschwester“ und „Hebamme“ gefragter werden und mehr diese Berufe ergreifen.“
Unter den angehenden Krankenschwestern, die immer noch motiviert sind, sich dem Dienst am Kranken zu widmen, ist Mariela Budina. Nach ihrer Ausbildung in der Hauptstadt praktiziert sie bereits in einem der Krankenhäuser in Sofia.
„Ich habe mich für diesen Beruf entschieden, weil ich es liebe, Menschen zu helfen und in ihren Augen Dankbarkeit zu sehen. Zwei Jahre habe ich im Ausland gearbeitet - in Großbritannien: Schließlich entschied ich mich, nach Bulgarien zurückzukehren. Dort muss man auf eine bestimmte Untersuchung oder einen Eingriff monatelang warten - in Bulgarien gibt es so etwas nicht!“
Anfang dieses Monats schlug das Gesundheitsministerium dem Bildungsministerium vor, den Krankenschwester-Beruf für geschützt zu erklären. Ein geschützter Beruf ist nach der Definition des Berufsbildungsgesetzes ein inhaltlich einzigartiges Spezialgebiet, für das zwar ein Bedarf an ausgebildetem Personal besteht, aber unzureichendes Ausbildungsinteresse vorhanden ist.
Zusammengestellt: Joan Kolev
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
Fotos: Archiv, BGNES
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