Ab dem 1. April entfällt in Bulgarien ein Großteil der epidemiologischen Maßnahmen, einige werden einzig nur noch empfohlen. Nach langen Diskussionen auf verschiedenen Expertenebenen wird auf Entscheidung des Ministerrates der epidemiologische Notstand im Land aufgehoben. Was bedeutet das?
Mit Wegfall der epidemischen Notlage entfallen die Pflicht zum Tragen von Schutzmasken in öffentlichen geschlossenen Räumen, die Einhaltung einer physischen Distanz sowie die Begrenzung der Anzahl der Personen, die sich gleichzeitig in Innenräumen aufhalten dürfen. Auch Einschränkungen in Bezug auf den Präsenzunterricht, das Besuchsverbot in Krankenhäusern und Sozialeinrichtungen werden aufgehoben. Ab dem gleichen Datum entfallen die Corona-Zonen, an die die Einreisebestimmungen geknüpft wurden. Verlangt wird jedoch nach wie vor die Vorlage einer digitalen EU-Bescheinigung über eine Impfung, überstandene Krankheit oder einen negativen PCR- oder Antigen-Test an den Grenzübergängen.
Laut einer im März dieses Jahres durchgeführten Umfrage von „Gallup International“ sind fast 70 Prozent der Bulgaren für eine Lockerung der Maßnahmen und nur 20 Prozent für die Beibehaltung von Beschränkungen. Die Mediziner stehen einer Aufhebung der Beschränkungen eher skeptisch gegenüber.
„Zu sagen, dass die Pandemie vorbei ist, wäre voreilig“, betonte Bulgariens leitender Epidemiologe Dozent Angel Kuntschew auf einer Pressekonferenz im Gesundheitsministerium. Gleichzeitig damit räumte er jedoch ein, dass Bulgarien zusammen mit Rumänien, Ungarn und Polen die niedrigsten Infektionsraten in der EU aufweisen und diese in etwa konstant sind. Kuntschew warnte jedoch, dass die Beendigung des epidemiologischen Ausnahmezustands nicht das Ende der Pandemie bedeute. Ihm zufolge könne eine solche Entscheidung nur auf Ebene der Weltgesundheitsorganisation (WHO) getroffen werden, die das Ende der Pandemie ausrufen müsse. Ungeachtet der positiven Entwicklung in unserem Land müssen die Menschen weiterhin bestimmte Einschränkungen einhalten, sagte Dozent Kuntschew gegenüber der bulgarischen Nachrichtenagentur BTA:
„Wichtig ist, es intelligent und ohne Risiko zu tun, damit ein Teil der Maßnahmen nicht wiedereingeführt werden muss. In Europa sehen die Dinge nicht unbedingt optimistisch aus und es gibt Länder, in denen die Infektionsrate 11-mal höher ist als bei uns; das trifft zum Beispiel für Österreich zu. Daher müssen wir bei der Lockerung vorsichtig vorgehen. Die Geimpften sind etwas mehr als 2 Millionen an der Zahl; jene, die die Krankheit hinter sich haben, machen anderthalb Millionen aus; hinzu kommt eine Dunkelziffer von einer halben Million Menschen (versteckte Morbidität). Unter dem Strich ergibt sich eine Zahl von rund 4 Millionen Einwohnern; in Bulgarien leben aber 6,5 bis 7 Millionen Menschen. Wir müssen eines immer im Auge behalten und wissen, dass wir im Falle einer neuen Welle der riskante Teil Europas sind und bleiben werden. Deshalb geben wir die Impfkampagne nicht auf.“
Die gleiche Meinung äußerte die Gesundheitsministerin Prof. Assena Serbesowa, die darauf hinwies, dass die Überwachung der Dynamik der Prozesse fortgesetzt wird:
„Covid-19 ist noch präsent. Die Erkrankung stellt für das Gesundheitssystem kein so großes Problem mehr dar wie am Anfang, aber wir müssen angemessen handeln. Ein Teil der epidemiologischen Maßnahmen wird aufgehoben; gleichzeitig damit ist ein verantwortungsvolles Verhalten notwendig. Die Einhaltung von Beschränkungen geschieht im Namen des Lebens. Sie stellen keinen Entzug von Rechten und Freiheiten dar und sind auch keine öffentliche Demütigung. Die Menschen mögen gesund sein, müssen aber auch auf die Gesundheit der anderen achten und zwar durch ihr verantwortungsvolles Verhalten.“
Was die Änderungen des Gesundheitsgesetzes betrifft, die derzeit im Parlament erörtert werden, bieten sie die Möglichkeit, neue Maßnahmen auf nationaler Ebene durch den Gesundheitsminister und auf regionaler Ebene durch die Direktoren der regionalen Gesundheitsinspektionen einzuführen. Eine Einschränkung der Reisefreiheit im Land und die Schließung öffentlicher Einrichtungen werden nicht möglich sein. In Bezug auf Impfungen bleibt die Informationskampagne „+ me“ des Gesundheitsministeriums in Kraft.
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