Die Weltbank prognostiziert einen Rückgang des weltweiten Verbrauchs aufgrund der Krise infolge des Ukraine-Kriegs und der Auswirkungen auf die Finanzlage der reichen Länder. Unter diesen Umständen erwarten die bulgarischen Bürger adäquate Maßnahmen, die ihrer Verarmung vorbeugen. Worten des geschäftsführenden Direktors der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen könne man „nicht jedermanns Lebensstandard aufrechterhalten“. In der aktuellen Krise könne die Regierung aber jenen helfen, die diesen Preis nicht tragen können, sagte er gegenüber BNR.
Die Inflation im Land steigt weiter an. Im April ist sie im Vergleich zum Vormonat um 2,5 Prozent gestiegen. Und im Vergleich zum April 2021 hat sie um 14,4 Prozent zugelegt. Die Menschen sind besorgt, dass ihr Einkommen von Tag zu Tag schwindet. In den Medien werden seit einer Woche verschiedene Maßnahmen zur Unterstützung der bulgarischen Wirtschaft und Bürger diskutiert, die die Verarmung ausgleichen sollen. Einige davon werden von Arbeitgebern und Gewerkschaften unterstützt und haben es sogar geschafft, die Spannungen und die Protestbereitschaft der Bevölkerung zu senken. Als problematisch stellte sich jedoch die Legitimität der angekündigten Maßnahmen heraus, da sie nur von einer der Parteien in der Regierungskoalition angekündigt wurden – „Wir setzen die Veränderung fort“, der Premier Kiril Petkow und Finanzminister Assen Wassilew vorstehen.
„Wir haben nicht das Gefühl, dass die Nachwahlvereinbarung als vollblütige Führungsstrategie umgesetzt wird. Alles ist in Nebel gehüllt und passiert in Stückarbeit“, kommentierte der Politikwissenschaftler Ljubomir Stefanow. Seiner Meinung nach mangelt es an langfristigen Maßnahmen. Vielmehr würden Maßnahmen hier und jetzt ergriffen, ohne einen längeren Horizont von beispielsweise 6, 12 oder 24 Monaten. Iwajlo Kalfin geht sogar noch weiter, indem er sagt, dass sich die Parteien in der Regierungskoalition wie Kinder in einem Laden verhalten: „Wir hören die unterschiedlichsten unglaublichen Wünsche und jeder will mehr und mehr.“
Wecken die sich überlappenden Krisen und widersprüchlichen Signale seitens der Regierungskoalition den Wunsch, die politischen Karten neu auszuteilen?
„Wir haben eine neue politische Elite, die unerfahren ist und während der Arbeit lernt, was allgemeines ein Gefühl von Unsicherheit erzeugt“, kommentierte Dobromir Schiwkow, Leiter der Meinungsforschungsagentur „Market Links“, gegenüber dem BNR. „Market Links“ hat in Zusammenarbeit mit dem Fernsehsender bTV eine Umfrage durchgeführt, um das Vertrauen der Bulgaren in die wichtigsten Führungspolitiker zu bewerten. Die Besorgnis der Bürger und ihre Angst vor einem Kaufkraftverlust wachsen. Aber die Gesellschaft ist laut der Umfrage noch nicht reif für vorgezogene Wahlen.
„Auch im letzten Monat hielt sich der Trend, dass das Vertrauen in die Institutionen und wichtigsten Figuren in unserer politischen Landschaft sinkt. Das ist hauptsächlich auf mehrere Krisen zurückzuführen, die den perfekten Sturm heraufbeschworen haben. Diese Trends entfalten sich seit Ausbruch des Krieges und fallen in die ersten Monate des derzeitigen Kabinetts, das zusammen mit dem Parlament weiter das Vertrauen der bulgarischen Bürger verliert.“
Von Januar bis April 2022 ist das Vertrauen in die Volksversammlung um 14 Prozent (von 22 auf 8 Prozent) und in die Regierung um 19 Prozent (von 36 auf 15 Prozent) gesunken. Auch Ministerpräsident Kiril Petkow verliert an Unterstützung: 17 Prozent der Befragten vertrauen ihm und 68 Prozent bringen ihm kein Vertrauen entgegen. Der Umfrage zufolge steht die Partei von Bojko Borissow wieder ganz oben auf der Liste der politischen Parteien. Wenn die Wahlen heute wären, würden 22,9 Prozent der Befragten für GERB stimmen. Es folgen „Wir setzen die Veränderung fort“ mit 16,9 Prozent, die BSP mit 11 Prozent, die Türkenpartei DPS mit 9,3 Prozent und „Wasraschdane“ mit 8,6 Prozent.
Die BSP ist die vielleicht einzige Partei, die es schafft, ihre Ziele und Aufgaben in dieser Regierung gut genug zu kommunizieren. Aber ein Teil ihrer Wähler fühlt sich von Stefan Janews neuem politischen Projekt „Bulgarischer Aufschwung“ angezogen. Andere wiederum radikalisieren ihre Meinung und werden wahrscheinlich von „Wasraschdane“ angezogen“, kommentierte Wessislawa Tantschewa, Expertin für politische Kommunikation. Ihrer Meinung nach widerlegen die BSP-Wähler die Behauptung, dass soziale Maßnahmen und wirtschaftliches Wohlergehen derzeit die einzigen Argumente für politische Vorlieben seien, weil sie ungeachtet der Bemühungen der Sozialistischen Partei im sozialen Bereich enttäuscht sind und ein weitaus russophileres Verhalten bevorzugen, das sie in Stefan Janew und seiner Partei sehen.„Damit ist praktisch widerlegt, dass der Kühlschrank im Moment das einzige Argument für politische Vorlieben ist. Im Gegenteil, ein weiterer Faktor ist der Krieg und das geht unmissverständlich aus den Meinungsumfragen hervor. Das Vertrauen in die Regierung ist seit Ende Februar rapide gesunken“, erklärte Wessislawa Tantschewa.
Zusammengestellt von: Elena Karkalanowa
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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