Bis Ende des Monats zeigt das Regionale Ethnographische Museum der südbulgarischen Stadt Plowdiw eine interessante Sammlung des Ethnologen Dr. Ilija Welew. Die Ausstellung „Wenn die Jünglinge zum Manne werden - Die Kaserne in „jenen“ 45 Jahren“ ist das Ergebnis seiner langjährigen Recherchen zum Wehrdienst, den die Jungen nach ihrer Schulausbildung absolvierten.
„Die Ausstellung zeichnet den Militärdienst in der sozialistischen Entwicklung Bulgariens nach, und „jene“ 45 Jahre sind die Zeit des Sozialismus“, erklärt Dr. Welew. „Wenn die Jünglinge zum Manne werden“ verrät, dass die Ausstellung auch einen sehr interessanten mytho-rituellen Prozess verdeutlichen soll, denn die Kaserne ist nicht nur ein staatlich geregelter Akt, sondern auch ein äußerst wichtiger Teil des Lebens der gesamten bulgarischen Gesellschaft. Mit der Aufnahme in die Kaserne wächst der Junge heran, reift dort und wird ein richtiger Mann.“
Der Gestalter der Exposition hat die emblematischsten Uniformen und Exponate im Zusammenhang mit dem Militärleben, Symbole der Verabschiedung des Jungen und dessen Einweisung in die Kaserne, Gegenstände aus der Kaserne selbst u.a. zusammengetragen.
„Alle wichtigen Momente werden mit eingezogen, beginnend mit der militärischen Ausbildung, die alle jungen Männer und Frauen von den 60er Jahren bis zum Ende des Sozialismus (1944-1989) durchlaufen mussten. Die erste „Grenze“, die auch ein Highlight der Ausstellung ist, ist die Musterung“, - sagt Dr. Ilija Welew über die verschiedenen Etappen. „Es folgte ein längerer Zyklus voller Riten und Bräuche der Verabschiedung des künftigen Soldaten, in dem der Rekruten-Abend einen zentralen Platz einnimmt; die 40-tägige Ausbildung und der militärische Eid, der den Beginn des wirklichen Militärlebens markiert; das 700-tägige Leben in der Kaserne selbst. Und der letzte nicht nur militärische, sondern auch soziale Moment ist die Entlassung aus dem Wehrdienst.“
Die Kaserne als Institution existiert in Bulgarien praktisch seit der Neugründung des Landes 1878. Die Wehrpflicht wurde durch das 1881 geschaffene Gesetz über die Streitkräfte des Fürstentums Bulgarien geregelt, und galt bis 2008, als die Rekrutierung junger Männer in die Armee endgültig eingestellt wurde. 1958 wurde ein Grundwehrdienstgesetz erlassen, das die Dauer des Pflichtwehrdienstes bis zum Ende des Sozialismus regelte: 3 Jahre für die Marine und 2 Jahre für alle anderen Teilstreitkräfte.
„Das Ritual, die Rekruten in die Kaserne zu schicken, ist ein Moment, der sich im bulgarischen Brauchtum seit langem entwickelt hat und sich in der Zeit des Sozialismus zu einer äußerst verschwenderischen Feier entwickelte“, fährt Dr. Ilija Welew fort und erklärt: „Praktisch stellte die Verabschiedung eine Art „Trauung“ dar, aber eine „unfruchtbare“ - ohne Braut. Der junge Mann muss zur Armee, wo er mit Waffen und Munition in Berührung kommt, was unter Umständen fatale Folgen haben kann. Und weil in der bulgarischen Tradition die Hochzeit ein sehr wichtiger Augenblick im Leben eines Mannes ist, wurden früher die Jungen noch vor ihrem Wehrdienst vermählt. Später, als frühe Hochzeiten aus verschiedenen gesellschaftlichen Gründen nicht mehr üblich waren, konzentrierte sich die Feier auf die Verabschiedung der Rekruten. In den kleineren Dörfern gab es ausgedehnte Feste, zu denen sich 300 oder sogar mehr Gäste einfanden. In den 1970er Jahren versuchte die sozialistische Regierung, dieser Geldverschwendung einen Riegel vorzuschieben, aber die gewöhnlichen Familien veranstalteten trotzdem Verabschiedungspartys für ihre Söhne und schickten sie gebührend zur Armee.“
Auf solchen Feiern erhielten die Jugendlichen verschiedene Geschenke. Einige waren praktisch und dienten ihnen in der Kaserne - Unterhemden, Fußlappen, Pullover, Socken usw., andere waren teuer, wie Kameras, Geld, Tonbandgeräte. Aber nicht nur:
„Freunde überreichten symbolische Geschenke wie einen Hasen, einen Bund Karotten oder einen Kohlkopf, die die Schüchternheit und Tollpatschigkeit des Jungen symbolisieren, der in eine „feindlich gesinnte“ Umgebung wie die Kaserne kommt. Geschenkt wurden auch Opanken oder Holzschuhe, mit denen man einen leichten Weg durch den Wehrdienst wünschte“, erzählt Dr. Ilija Welew. „Für die Jugend von heute wird die Ausstellung interessant sein, weil sie zeigt, wo und wie ihre Väter und Großväter ihren Wehrdienst abgeleistet haben. Die älteren Generationen werden sich ihrerseits an ihre Jugend erinnern.“
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