Für unsere orthodoxe Kirche ist die christliche Familie ein kleiner Tempel, in dem durch das Sakrament der Ehe die Empfängnis, Erziehung und Ausbildung von Kindern im orthodoxen Glauben gesegnet wird. Mann und Frau bilden ein Ganzes, und die Kinder sind ein Geschenk Gottes, der sie ihnen anvertraut, um sie auf Sein Reich vorzubereiten.
Es sind die Eltern, die ihre Kinder in die Kirche führen, so wie Joachim und Anna einst ihre lang ersehnte Tochter Maria, die zukünftige Mutter des Erlösers, zum ersten Mal zum Jerusalemer Tempel brachten. Laut den christlichen Schriften stieg die dreijährige Maria allein die steile Treppe zum Eingang des Tempels hinauf, wo der Hohepriester auf sie wartete. Vor den staunenden Augen der Anwesenden führte er sie in das für Frauen verbotene Allerheiligste, wo er ihr einen Platz zum Gebet zuwies. Die orthodoxe Kirche feiert dieses bedeutende Ereignis als „Einzug in den Tempel unserer Herrin, der Gottgebärerin und ewigjungfräulichen Maria“ – eines der 12 bedeutendsten Feste im Kirchenkalender.
Es ist kein Zufall, dass die Bulgarische Orthodoxe Kirche im Jahre 1929 diesen Tag auswählte, um die christliche Familie und die sich orthodox bildende Jugend zu ehren. Auf diese Weise werden die Eltern an die große spirituelle Symbolik des Feiertags und an ihre moralische Verpflichtung gegenüber ihren Kindern - sie im Geiste christlicher Tugenden zu erziehen, erinnert. Dieser Tag wurde ein echter Feiertag, an dem die Kinder damals von der Schule freigestellt wurden, damit sie gemeinsam mit ihren Eltern die Kirchen besuchen.
Heutzutage verdrängt der materielle Alltag allmählich die traditionellen patriarchalischen Werte unserer Kultur, die von der modernen Gesellschaft als überholte religiöse Rituale wahrgenommen werden. Wenn der Feiertag auf einen Wochentag fällt, gehen die Kinder zur Schule und ihre Eltern auf Arbeit. Wenn auch selten, gibt es dennoch Lehrer, die die Kinder zum Gottesdienst mitnehmen, um den Funken des Glaubens in ihrer Seele glimmen zu lassen.
Am heutigen Kirchenfeiertag wird in den Kirchen Bulgariens folgendes Lied gesungen. Im Text heißt es:
„Heute wird die ewigjungfräuliche Maria in den Tempel geführt, um Heimstatt unseres Herrn zu werden - den König über alle Könige, der unser aller Leben nährt… Lasset uns wie der Engel zu ihr rufen: Freue dich, Maria, du bist gebenedeit unter den Frauen!“
Dieser Kirchengesang wird von Nikola Antonow interpretiert. Er ist von Beruf IT-Experte, der längere Zeit am Bulgarischen Nationalen Rundfunk und am Bulgarischen Nationalen Fernsehen gearbeitet hat, gleichzeitig damit aber auch ein begnadeter Sänger ist, der sich mit Herz und Seele der orthodoxen Kirchenmusik widmet.
Am Abend versammeln sich die christlich-orthodoxen Familien an einer bescheidenen Tafel, um den Feiertag mit Fastenbrot, einem Glas Wein und Fisch zu feiern und die Muttergottes einzuladen, ihr Zuhause mit Frieden, Liebe und Verständigung zu segnen.
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
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