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Zu Weihnachten im Dorf Pirgowo

Eines der Weihnachtslieder, die im Dorf Pirgowo gesungen werden, erzählt von einem in der Schlacht auf dem Amselfeld gefallenen Helden

Foto: Facebook/chitalishte.pirgovo

Das Weihnachtsfest gehört zu den wichtigsten und beliebtesten Feiertagen im Jahr. Nach der harten Erntezeit im Herbst und der Vorbereitung auf den Winter bringen die Vorbereitungen auf Weihnachten etwas Licht in die kurzen und düsteren Dezembertage.

Die Weihnachtsfeiertage verbringen die Bulgaren am liebsten zu Hause, im Kreise der Familie. Untrennbarer Teil des Fests ist der geschmückte Weihnachtsbaum. Die Tradition schreibt außerdem vor, dass es an Heiligabend in jedem bulgarischen Haus nach Brot und Weihrauch duftet. Die Menschen glauben, dass Wunder in dieser magischen Zeit im Jahr geschehen. An Heiligabend ziehen Weihnachtssänger mit Liedern und Segenssprüchen durch die bulgarischen Dörfer und Städte und wünschen ihren Mitmenschen Gesundheit, Fruchtbarkeit und Glück.

Die Tradition der Weihnachtssänger ist lebendig und hat in vielen Orten unseres Landes begeisterten Anhänger. Ein Beweis dafür ist die Männergesangsgruppe aus dem Dorf Pirgowo, das an der Donau, unweit von Russe liegt. Die Einheimischen erzählen voller Stolz von ihrem einzigartigen Weihnachtsritual, das besondere Aufmerksamkeit verdient.

Seit jeher zeichnen sich die Menschen in Pirgowo durch ihren Fleiß und ihre große Liebe zu allem aus, was sie gepflanzt und gebaut haben: stabile Häuser, schöne Weinberge, weitläufige Gärten und Bienenweiden. Die Weihnachtsvorbereitungen im Dorf beginnen bereits am Ignatiustag, als nach dem Volksglauben die Geburtswehen der Gottesmutter Maria eingesetzt haben. Davon handelt auch das folgende Volkslied.

Am Morgen vor Heiligаbend versammeln sich die Frauen aus Pirgowo, um die so genannte Tanne zu schmücken, die das Hauptattribut der örtlichen Weihnachtssänger ist. Sie wird vom König getragen, wie der Anführer der Weihnachtssänger hier genannt wird. Die Tanne der Weihnachtssänger im Dorf Pirgowo besteht aus Buchsbaumzweigen, die an einer Holzstange befestigt sind. Die Tanne  krönen rote Äpfel, die für Gesundheit stehen. Darunter befinden sich Weihnachtskringel, die an Viehställe erinnern. Die Weihnachtskringel werden hier als Glücksbringer verschenkt und die Weihnachtssänger müssen sie sich in jedem Haus mit Segenssprüchen und Liedern ersingen. Die fertig geschmückte Tanne wird von den Frauen beweihräuchert, bevor sie den Weihnachtssängern überreicht wird. In den Häusern werden für die Weihnachtssänger auch Weihnachtsbrote gebacken, die in Pirgowo der Sonne ähneln, da sie mit ihrem Licht allen irdischen Wesen Leben und Kraft spendet. Auf diesem Brot werden Symbole wie Weinreben, Trauben, Küken und Weizen angebracht.

Frühmorgens musste der Hausherr in den Wald gehen, um einen dicken Baum als Weihnachtsholz fällen, das die ganze Nacht über im Kamin brennen muss. Dieses Weihnachtsholz wird in unserem Land Badnik genannt und ist ein weiteres Symbol für die neue Sonne, die laut unserer Tradition an Weihnachten geboren wird.

Den Atem rauben jedoch die Worte eines Liedes, das von den Weihnachtssängern in Pirgowo gesungen wird. So vielfältig das Liedrepertoire in unserem Land auch ist, ein solches Lied gibt es nirgendwo anders. Es erzählt von einem bulgarischen Helden, der in der Schlacht auf dem Amselfeld gefallen ist. Diese Schlacht stellt eine tragische Episode der osmanischen Invasion auf dem Balkan dar. Zur Schlacht auf dem Amselfeld ist es gekommen, nachdem die Osmanen im Jahr 1385 Sofia erobert und die Grenzen des Fürstentums Mähren in der Nähe des Flusses Morava erreicht hatten. Keiner weiß mehr, wer dieses Lied zum ersten Mal in Pirgowo gesungen hat, aber alle Männer im Dorf wissen den Text und stimmen es an, denn es wurde von Generation zu Generation weitergegeben.

„Das Lied erzählt von einer jungen Frau, die ihren in der Schlacht auf dem Amselfeld verwundeten Liebsten findet. Das Lied gibt eine Legende wider, aber diese Ereignisse haben wirklich stattgefunden, es handelt sich um historische Tatsachen“, sagte der derzeitige Anführer der Weihnachtssänger in Pirgowo, Miroslaw Janakiew.„Es ist ein altes Männerlied, das sich dadurch unterscheidet, dass es speziell für das Mädchen in der Familie, die wir besuchen, gesungen wird. Das Lied fußt auf historischen Tatsachen“, so Miroslaw Janakiew.

ˮJedes Lied ist für eines der Familienmitglied bestimmt, eines für den Hausherrn, eines für das Mädchen, eines für die Hausfrau“, fährt Miroslaw Janakiew fort. ˮDer König der Gruppe segnet das Haus, dann wird das Brot gereicht, welches ebenfalls von den Weihnachtssängern gesegnet wird. Aber in der Gruppe ist jeder wichtig, der Brauch setzt viele Teilnehmer voraus. Zurzeit sind wir 9 Personen in der Gruppe, Jungs und Männer zwischen 16 und 64 Jahren. Das Gute daran ist, dass der Brauch weitergegeben wird. Den jungen Leuten gefällt es, was uns sehr glücklich macht. Wenn Weihnachten vor der Tür steht, versammeln wir uns und ziehen durch das ganze Dorf. Es besteht Hoffnung, da es in Pirgowo viele junge Leute und Kinder gibt, denn unser Dorf liegt nahe der Stadt Russe und es ist lebendig. Wir haben ein reiches kulturelles Leben, es gibt viele Folkloregruppen. Derart wird unsere Weihnachtssänger-Gruppe jedes Jahr verjüngt, unsere Lieder werden gesungen und wir können die Tradition noch viele Jahre lang in ihrer authentischen Form bewahren“, sagte Miroslaw Janakiew abschließend.

Übersetzung: Rossiza Radulowa

Fotos und Video: Facebook/chitalishte.pirgovo



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