Nach Angaben des Nationalen Statistikamtes sind 30 Prozent der Einzelhändler in Bulgarien davon überzeugt, dass die Preise im Land in den nächsten drei Monaten weiter steigen werden, obwohl Waren wie Eier, Gemüse und Milchprodukte in letzter Zeit Rekordpreise erreicht haben. 30 Prozent der befragten Einzelhändler betonten, dass die geringere Nachfrage ein Problem für die Branche darstellt. Im Baugewerbe wird die Erwartung höherer Preise von fast 32 Prozent der Bauunternehmer geteilt. Die Hauptprobleme in allen Sektoren, von der Baubranche bis zum Lebensmittelhandel, sind das unsichere wirtschaftliche Umfeld und der Mangel an Arbeitskräften in Bulgarien.
Der Preis für eines der meistverwendeten Produkte in jedem Haushalt, die Eier, hat ein Rekordhoch erzielt und ist in wenigen Monaten um mehr als 70 Prozent gestiegen. Das Ei ist zum Symbol für hohe Inflation avanciert. Es gab sogar Aufrufe zum Boykott und zum Verzicht auf den Kauf der „goldenen Eier“ bis Ostern. Derart wollen die Bürger versuchen, den Eierpreis zu senken. Der Appell gilt ebenso für andere Produkte wie Milch, Käse und Hartkäse. Es wurde auch vorgeschlagen, eine Preisobergrenze für Grundnahrungsmittel einzuführen.
Können die Verbraucher die Einzelhändler dazu bringen, die Preise zu senken und wie wirken sich Angebot und Nachfrage auf die Eierpreise in den Geschäften aus?
„In den letzten Wochen haben wir gesehen, dass der Eierpreis im Einzelhandel gesunken ist. Das ist höchstwahrscheinlich auf das öffentliche Interesse und die Berichte zurückzuführen, in denen die Einzelhandelsketten einer Analyse unterzogen werden“, sagte Iwajlo Galabow, Vorsitzender des Verbands der Geflügelzüchter in Bulgarien, gegenüber „Radio Bulgarien“. „Letzten Endes sind alle in der Kette motiviert, denn es ist wichtig, so viel wie möglich zu verkaufen, damit es nicht zu einer Senkung des Konsums kommt. Die hohen Eierpreise beunruhigen an erster Stelle die Produzenten. Wir sind schließlich darauf angewiesen, dass unsere Produkte täglich gekauft werden und für die bulgarischen Verbraucher erschwinglich sind.“
Iwajlo Galabow zitierte Daten von Eurostat, wonach der Eierpreis bei den Produzenten in Bulgarien der niedrigste in der EU ist, der Einzelhandelspreis für den Endverbraucher jedoch von der Mehrwertsteuer abhängt, die in Bulgarien 20 Prozent beträgt (im Vergleich dazu beträgt sie in Polen 3 Prozent und in Deutschland 8 Prozent).
„Der Marktpreis der Eier wird, wie bei allen anderen Waren auch, hauptsächlich durch Marktmechanismen geregelt, wobei Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen. Der Marktpreis kümmert sich nicht um den Selbstkostenpreis der Produkte. Als Beispiel kann ich darauf hinweisen, dass binnen der letzten zwei Jahre der Selbstkostenpreis aller Geflügelprodukte viel höher war als ihr Marktwert und der Preis, der in den Geschäften dafür gezahlt wurde“, betonte Iwajlo Galabow.
Die gute Nachricht für die bulgarischen Produzenten ist, dass es ihnen gelingt, die Nachfrage auf dem heimischen Markt vollständig zu decken:
„Außerdem exportiert Bulgarien etwa 30 Prozent seiner Produktion, wobei der größte Teil der Ausfuhren nach Griechenland geht, weil es ein Nachbarland ist und die Transportkosten minimal sind. Unser Sektor entwickelt sich gut, trotz der aufeinanderfolgenden Krisen“, sagte Iwajlo Galabow.
Die Verbraucher in Bulgarien argwöhnen, dass etwas nicht stimmt und Preiswucher betrieben wird. Die Beziehungen zwischen den Einzelhandelsketten und den bulgarischen Produzenten, Verarbeitern und Lieferanten sind ein Thema, mit dem sich die Gewerkschaft der Nahrungsmittelindustrie der KNSB befasst. Ihr Vorsitzender, Dozent Slawtscho Petrow, äußerte in einem Interview für das Inlandsprogramm „Horizont“ des BNR die Vermutung, dass in den Handelsketten ein Aufschlag von 40, 50, 60 Prozent und mehr auf den Erzeugerpreis erhoben wird, ohne dass jemand die Motive für diesen Preis nennt. Und die Geschädigten sind letzten Endes die Endkunden und die Produzenten, insbesondere die Landwirte.
„Nur die Handelsketten schweigen und sprechen das Thema nicht an“, so der Gewerkschaftsvertreter:
„Die Händler sollen sagen, was sie auf diesen Preis aufschlagen - ob es sich um Lager-, Lohn-, Stromkosten usw. handelt und wie hoch der Handelsaufschlag selbst ist. Damit man sieht, warum das hergestellte Produkt doppelt so viel kostet. Irgendjemand versteckt sich oder missbraucht seine Monopolstellung. Aber den Leuten ist der Geduldsfaden gerissen, denn nachdem sie mehr oder weniger den Preis eines Produkts erfahren haben, das sie zum doppelten Preis in den Handelsketten kaufen, fangen sie an, sich zu beklagen und Beschwerden einzureichen. Die Frage aber ist, inwiefern sie beachtet werden. Politiker, Wirtschaftswissenschaftler, alle geben Kommentare ab, aber die beiden wichtigsten Gremien - die Wettbewerbsschutzkommission und das Finanzamt - schweigen sich zu diesem Thema aus“, resümierte Slawtscho Petrow.
Zu Beginn der heutigen Regierungssitzung hat der geschäftsführende Premierminister Galab Donew daran erinnert, dass der Anstieg der Lebensmittelpreise für die meisten Bulgaren ein sehr schmerzhaftes Thema ist.
Auf der Suche nach Lösungen gegen hohe Lebensmittelpreise wird die Übergangsregierung den Dialog mit den Einzelhandelsketten suchen. „Der Staat wird ein Gespräch mit ihnen führen, keinen Krieg“, betonte Premier Donew. Die neu formierte nationale Koordinierungsstelle wird Mechanismen zur Überwachung und zur Kontrolle der Lebensmittelpreise in Übereinstimmung mit den nationalen und europäischen Rechtsvorschriften ausarbeiten.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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