Hemmungslos, kühn, wie von einer übernatürlichen Kraft getrieben, entreißt Wiwi Wassilewa den wuchtigen Trommeln auf der Bühne mal ein donnerndes Grollen, mal ein sanftes Flüstern. So wird das Publikum im Konzertsaal „Bulgaria“ in Sofia die charismatische Perkussionistin auch heute Abend erleben und sich zusammen mit ihr auf eine spannende musikalische Reise durch die sieben Chakren des Körpers begeben.
Der katalanische Komponist Oriol Cruixent hat sein Konzert für Schlaginstrumente und Orchester „Oraculum“ der Bulgarin Wiwi Wassilewa gewidmet. Nach der Uraufführung dieses Werks in Wuppertal im Jahr 2019 2019 wird es die junge Solistin nun gemeinsam mit dem Sinfonieorchester des Bulgarischen Nationalen Rundfunks zum ersten Mal dem bulgarischen Publikum präsentieren. „Orakel galten als Portale, durch die die Götter direkt zu den Menschen sprachen. In „Oraculum“ fungiert der Solo-Schlagzeugpart als Orakel und animiert das Publikum, die eigenen Chakren durch aktives und bewusstes Zuhören zu öffnen“, erklärte der Komponist seine Idee, für deren Umsetzung er fast zwanzig Schlaginstrumente, darunter große und kleine Trommeln, arabisches Aluphon, Marimba, Vibraphon, Bongo, Gongs und Becken - verwendet.
„Dieses Konzert besteht aus sieben Teilen, die die sieben Energiezentren unseres Körpers darstellen“, erklärte Wiwi Wassilewa in einem Interview für den BNR. „Die Musik hilft uns, jedes einzelne Chakra intensiv zu spüren. Der erste Teil beginnt mit einem gewaltigen Knall, der von zwei großen Trommeln erzeugt wird, so dass der Saal von der Wucht dieser Energie erbeben wird. Und weil Oriol Cruixent wusste, dass ich als Bulgarin mit den Balkanrhythmen aufgewachsen bin, hat er das Stück mit ungeraden Takten in 5/8, 7/8, 10/8 durchsetzt. Ich habe „Oraculum“ mit deutschen Orchestern gespielt und die erste Probe war immer ein Abenteuer, aber ich bin sicher, dass das bulgarische Rundfunkorchester seine Freude an diesen Rhythmen hat.“
Heute ist die junge Schlagzeugerin ein gefragter Gast auf den elitären Bühnen der Welt und Trägerin zahlreicher Auszeichnungen. Die größte davon, den „Leonard Bernstein Award“, hat sie unlängst auf dem renommierten Schleswig-Holstein Musik Festival erhalten. Auf der Bühne tritt sie sowohl mit ihrem Schlagzeugquartett als auch in Zusammenarbeit mit verschiedenen Musikern auf. Doch was ist das Geheimnis des erfolgreichen gemeinsamen Musizierens?
„Das Wichtigste ist, wie wir über die Musik denken“, antwortete sie. „Wir proben nicht etwa eine Stunde, sondern so lange, bis wir spüren, dass wir unser Bestes gegeben haben, um die jeweilige Musik in Magie zu verwandeln“, antwortete Wiwi Wassilewa. „Deshalb liebe ich es, mit Musikern zusammenzuarbeiten, die wie ich unendlich neugierig und experimentierfreudig sind. Wir spielen so, dass wir uns selbst treu bleiben und stecken 200 Prozent Leidenschaft und Liebe in die Musik. Die zweite Sache ist, dass wir rein menschlich gut miteinander auskommen müssen, denn wir geben gemeinsam Konzerte, wir gehen zusammen auf Tournee.“
Das Repertoire von Wiwi Wassilewa besteht fast ausschließlich aus Musik, die in den letzten Jahrzehnten geschrieben wurde, als das Schlagzeug zum Soloinstrument avanciert ist.
„Ich glaube, Schlaginstrumente sind das Instrument des 21. Jahrhunderts. Weil wir Instrumente aus vielen verschiedenen Kulturen spielen; weil zeitgenössische Komponisten viel für uns schreiben; weil es möglich ist, neue Klänge und Rhythmen zu kreieren. Und weil das Publikum etwas Neues erfährt, nicht wie zum Beispiel bei Mozart durch eine Melodie, sondern durch die Energie, die in der menschlichen DNA enthalten ist. Schlaginstrumente sind einerseits die neuesten Instrumente – sie existieren als Soloinstrumente erst seit etwa 30 Jahren, sie sind zugleich aber auch die ältesten. Es ist eine große Ehre, dass der „Leonard Bernstein Award“ an Schlaginstrumente geht. Ich bin sehr glücklich über diese Verantwortung und gebe weiterhin Vollgas, um neue Konzerte zu proben, mit Orchestern und Ensembles zu spielen und das zu tun, was ich liebe“, so Wiwi Wassilewa abschließend.
Autor: Diana Zankowa, auf der Grundlage eines Interviews von Milena Wodenitscharowa, BNR-Inlandsprogramm „Christo Botew“
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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