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Das thrakische Heiligtum wird bis heute von der lokalen Bevölkerung für Kultrituale genutzt

Menschliche Gesichter, steinerne Schildkröten, Opferaltäre und Prowiralki – Gradischte birgt jahrtausendealte Geheimnisse

Der Kopf, Steinskulptur im thrakischen Heiligtum Gradischte
Foto: Weneta Nikolowa

Das Gebiet Gradischte in den westlichen Rhodopen ist voller Felssilhouetten von Menschen und Tieren, die vor fast 7.000 Jahren von Menschenhand geformt wurden. Diese geheimnisvollen Skulpturen sind heute dank einer Touristenroute für jedermann zugänglich. Inzwischen ist der Ort als Historischer Landschaftspark Gradischte bekannt. 
Während wir uns entlang des Weges mit wunderschönen Ausblicken auf die Rhodopen und dem gegenüberliegenden Piringebirge bewegen, der zwischen den Felsen aufblitzt, werden wir von Schildkröten, Vögeln, Fischen, menschlichen Gesichtern und Fabelwesen „verfolgt“, die die Fantasie anregen. Den Forschern zufolge handelt es sich um ein sehr altes Heiligtum, das sich über eine Fläche von 50 Hektar erstreckt.
Die beeindruckendste Felssilhouette wird „Der Kopf“ genannt - ein klar definiertes riesiges Steingesicht im Profil, das in die Ewigkeit blickt. Der Umriss der Silhouette ist perfekt und eindeutig von Menschenhand geschaffen. Laut Prof. Wassil Markow, Direktor des Zentrums für antike Kulturen an der Süd-West-Universität Neofit Rilski in Blagoewgrad, handelt es sich um das symbolische Bild des thrakischen Gottes Sabazios.
Auf dem „Kopf“ fanden Archäologen Spuren einer Feuerstelle, an der die Thraker ihre Rituale durchführten. 

Kultfeuerstelle auf dem s.g. Kopf
„Es gibt zwei weitere große menschliche Gesichter auf dem Gebiet von Gradischte, doch wir können nicht genau bestimmen, aus welchem Jahr sie stammen, da sie nicht in einer Kulturschicht liegen. Es wird vermutet, dass sie aus der späten Kupfersteinzeit (4800 – 4000 v. Chr.) stammen", erzählt Prof. Wassil Markow und fügt hinzu, dass a m häufigsten Silhouetten und Abbildungen von Schildkröten zu finden sind. Am Ende des prähistorischen Zeitalters symbolisierte die Schildkröte die Großen Muttergöttin, sie war ihre Tiergestalt.
In Gradischte ist auch ein in den Fels gehauener Thron sowie eine Sternkarte zu finden, die aus kleinen eingemeißelten Wölbungen besteht - Zeugnisse des astronomischen Wissens der Thraker, die vom Heiligtum aus den Himmel beobachtet haben.

Eine der vielen steinernen Schildkröten
“In der Antike waren die Thraker vor allem dafür bekannt, dass sie einen sterblichen Menschen in einen unsterblichen Gott verwandeln konnten”, behauptet Prof. Markow. Ihm zufolge diente das Heiligtum für die „Unsterblichkeit“. Davon zeugen auch die Prowiralki (Felsspalten mit heilenden Eigenschaften) auf seinem Territorium, die noch immer von Christen und Muslimen aus den umliegenden Dörfern genutzt werden. Es ist ein aufwendiges Ritual, das vermutlich von den Thrakern übernommen wurde.

Die Spalten werden auch heute genutzt
„Mit dem rituellen Durchwringen durch den Felsspalt, Prowiralka genannt, gibt der Teilnehmer am Kult sein altes sterbliches Wesen auf. Wenn er „auf der anderen Seite dieser Welt“ aus dem Felsspalt herauskommt, nimmt er als unsterbliche mythologische Figur ein neues Wesen an. In der heutigen Zeit ist dieses Ritual des Durchwringens im Volk noch lebendig. Der Kranke zieht ein altes Kleidungsstück über ein neues, und nachdem er durch den Felsbogen gegangen ist, entledigt er sich dem alten Kleidungsstück, indem er es an den Felsen hängt. Somit wird er ein „neuer gesunder Mensch“, sagt Prof. Markow zum Abschluss.
Es wird angenommen, dass das Heiligtum im Zeitraum des 3. bis 2. Jahrhunderts v. Chr. am intensivsten für religiöse Zwecke genutzt wurde. Die neuesten Spuren menschlicher Präsenz auf „Gradischte“ stammen aus der Römerzeit (3. bis 4. Jahrhundert n. Chr.).

Die Gegend Gradischte mit Ökopfaden und Raststätten für die Touristen

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Autor: Weneta Nikolowa
Übersetzung: Antonia Iliewa



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