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Die Trinklokale – verschwindende kulturelle Zentren Sofias

Foto: Bohemisches Sofia

Über unsere Hauptstadt sind im Laufe der Jahre unzählige Bücher geschrieben worden, die sowohl ihre bemerkenswerte Geschichte von der Antike bis zur Gegenwart als auch die Erinnerungen verschiedener Reisender, die die Stadt besucht haben, erzählen.

Einen wichtigen Platz unter ihnen nehmen Dutzende von Memoiren ein, die von Vertretern der Hauptstadtboheme geschrieben wurden, sowie Bücher wie „Das dreihunderttausend Eiwohner zählende Sofia und ich zwischen den beiden Kriegen“ des Journalisten und Schriftstellers Dragan Tenew, „Die Geheimnisse Sofias” und „Was die großen Bulgaren aßen und tranken” des Literaturforschers Petar Welitschkow sowie unzählige kuriose Geschichten, die in mehreren Büchern über die Geschichte Sofias von Wiktor Topalow erzählt werden.

In seiner Rolle als eine Art Reiseleiter und Radiomoderator in der Sendung „Legenden von Sofia“ im Inlandsprogramm „Radio Sofia“ des Bulgarischen Nationalen Rundfunks nimmt er seine Zuhörer mit auf eine Reise auf den Spuren emblematischer Persönlichkeiten und Orte, die die Geschichte der Hauptstadt geprägt haben.

Am 21. Juni hatte er eine weitere „bohemische” Gesprächsrunde vorbereitet, die den alten Sofioter Trinklokalen gewidmet war, welche  sowohl vor 1944 als auch danach zu beliebten Treffpunkten für bekannte bulgarische Schriftsteller, Künstler und Intellektuelle wurden.

Einmal im Jahr führt Wiktor Topalow auf seiner speziellen Seite, die dem Boheme-Leben in Sofia gewidmet ist, eine Art Umfrage unter seinen Lesern durch: Welche sind die ältesten Lokale in Sofia, die noch heute in Betrieb sind? Im Jahr 2024 waren es nur noch sechs.

Wiktor Topalow

„Die ältesten von ihnen sind etwa 100 Jahre alt. Wir haben mehrere Restaurants aus den 1920er Jahren, einige aus den 1930er Jahren. Natürlich birgt die Stadt noch viele Geheimnisse, und es ist möglich, dass es in einem der Außenbezirke noch ein Lokal gibt, das seit damals in Betrieb ist. Letztendlich gehören wir jedoch nicht zu den Hauptstädten, die sich mit solchen erhaltenen Kulturzentren rühmen können. Vor allem die bekanntesten von ihnen haben längst geschlossen, und bei anderen existieren sogar die Gebäude nicht mehr“, erzählte Wiktor Topalow gegenüber Radio Bulgarien.

Das Cafe „Bulgarien“

Eines der symbolträchtigsten Lokale zu Beginn des 20. Jahrhunderts war das Restaurant „Bulgarien“, das Teil des gleichnamigen Komplexes im Stadtzentrum war, 1937 erbaut wurde und zu einem Beispiel für den Modernismus in der bulgarischen Architektur der Zwischenkriegszeit wurde. Heute ist von dem gesamten Komplex nur noch der Konzertsaal „Bulgarien“ in Betrieb, aber Wiktor Topalow hofft, wie viele andere Sofioter auch, dass er eines Tages seinen früheren Glanz wiedererlangt und das Café und das Hotel wieder mit Menschen gefüllt sein werden.

Ganz in der Nähe des Ortes, der als Zentrum der aristokratischen und intellektuellen Elite Sofias bekannt war, befand sich ein weiteres berühmtes Lokal – das Schriftstellercafé.

Das Restaurant des Grand Hotels „Bulgarien“

„Der Ort, den wir als „Schriftstellercafé“ kennen, ist die Konditorei „Zar Oswboditel“. Sie befand sich an der Ecke der Straßen „Georgi Rakowski“ und „Zar Oswboditel“ in einem zweistöckigen Gebäude. Die  Konditorei wurde 1908 eröffnet, aber 1946 geschlossen, und 1977 wurde das Gebäude abgerissen. Heute befindet sich an dieser Stelle, zwischen der russischen Kirche und dem Militärclub, nur noch ein kleiner Park“, so Wiktor Topalow.

Im Rahmen der Veranstaltung „Bohemische Gespräche: Die alten Bierstuben Sofias“ haben Interessierte die Möglichkeit, mehr über die Lage und die Persönlichkeiten zu erfahren, die Orte wie das Restaurant „Alcazar“, die Bierstuben „Battenberg“, „Dalbok simnik“ und „Tsherwen rak“, das Stadtkasino und die Gasthäuser „Sredna gora“ und „Balkan“ besucht haben.

Leider existiert keines dieser Lokale mehr, aber unser redegewandter Gast hat es sich nicht nehmen lassen, einige interessante Geschichten darüber zu erzählen:

Die Bierstube „Battenberg“

„Das Restaurant „Alcazar“befand sich an der Stelle, an der später der Komplex „Bulgarien“ errichtet wurde, von dem heute nur noch der gleichnamige Konzertsaal in Betrieb ist. Die Bierstube „Battenberg“ hat eine lange Geschichte und befand sich direkt neben der Rotunde „Hl. Georgi“ im Hinterhof des Präsidialgebäudes. Sie erhielt diesen Namen, weil die Gebeine des ersten bulgarischen Fürsten mehrere Jahre lang in der Rotunde aufbewahrt wurden, bevor sein Grabmal errichtet wurde.Die Bierstube war ein äußerst schöner Ort, aber leider wurde dieser Teil der Stadt während des Zweiten Weltkriegs am stärksten zerstört. Heute befindet sich an der Stelle des gesamten Viertels der Unabhängigkeitsplatz mit den Gebäuden des Parteihauses (heute Gebäude der Volksversammlung), des Ministerrats, der Präsidentschaft, des Hotels und des Kaufhauses. All diese Objekte wurden in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts anstelle einer Reihe interessanter Hotels, Kinos, Geschäfte und schöner kleiner Gassen errichtet“, erinnerte sich der Forscher Wiktor Topalow.


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Zusammengesellt: Joan Kolew

Übersetzung: Antonia Iliewa

Redaktion: Rossiza Radulowa

Fotos: Bohemisches Sofia, Facebook/Wiktor Topalow



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