Sofia ist die dritte Station der sechsten Ausgabe des Internationalen Festivals für ethnografisches Kino „OKO“, nachdem vom 5. bis 14. September zunächst die ukrainische Hauptstadt Kiew und die Stadt Bolgrad Gastgeber waren. Wie jedes Jahr hat auch die diesjährige Ausgabe vom 3. bis 11. Oktober ein Leitthema: die volkstümlichen Maskenspiele. Darauf verweist unmissverständlich das Hauptfoto aller Werbematerialien, aufgenommen vom Fotografen Iwan Schischiew.
„Er fotografierte die nach Kiew angereisten Kukeri-Gruppen und lieferte die thematischen Aufnahmen, die wir für die Ausstellung brauchten, die wir dort organisierten“, erklärte gegenüber Radio Bulgarien die Festivalleiterin, die bessarabische Bulgarin Tetjana Stanewa. „Jedes Jahr haben wir ein bestimmtes Motto, das die Völker verbindet. Für uns stellte sich heraus, dass es die volkstümlichen Maskengestalten sind – die Kukeri in Bulgarien, in der Ukraine die Malanka.
Wir stellten fest, dass sie fast allen europäischen Nationen gemeinsam sind und überall dieselbe Mission haben: die Erde zu wecken, die Dunkelheit zu vertreiben, das Licht willkommen zu heißen, das Böse zu bannen.
So entschieden wir, einen Teil der Ausstellung mit Bildern von Iwan zu gestalten, der andere Teil kam von einer ukrainischen Agentur, die die Traditionen des Landes dokumentiert.“
Im vergangenen Sommer traf sich Stanewa erneut mit einigen der Mädchen. Sie schmolzen die Wachspflanzen ein und fertigten daraus Kerzen für die Soldaten an der Front. Doch die Geschichte, vor sechs Jahren festgehalten, offenbart auch etwas Erschreckendes: Die Jungen, die damals beim Surwaki die Anwesenden symbolisch schlugen, sind heute wehrpflichtig und Soldaten.
„Jeder Zuschauer wird sehr deutlich sehen und spüren, wie der Krieg unser Leben zerbrach. Alle Figuren im Film durchlaufen ihre eigene Verwandlung – worüber die Mädchen vorher sprachen und worüber danach, sind völlig unterschiedliche Gespräche, mit völlig anderer Stimmung“, so die Regisseurin.
Unter den bulgarischen Beiträgen des Festivals finden sich Titel, die bereits in den Kinos zu sehen waren – wie „Gundi – Legende der Liebe“ und „Klasse 90“. Daneben können sich die Zuschauer auf zahlreiche Kurz- und Langfilme aus der Ukraine freuen, die nur im Rahmen der Festivalwoche zugänglich sein werden.
Dazu gehört auch die Dokumentation „2.000 Meter bis Andrijiwka“. Selbst eine Komödie ist im Programm: „Ich, Sieg und Berlin“ von dem legendären ukrainischen Musiker Kusma Skrjabin. Insgesamt umfasst das Festival 95 Filme.
Wie schon im Vorjahr wird das Publikum in Sofia die Möglichkeit haben, an einer Reihe von Diskussionsrunden teilzunehmen – zu Themen wie „Die Kraft der Kulturdiplomatie durch Filme“, „Tradition und Diskriminierung der Frau – Filme als Spiegel des gesellschaftlichen Zustands und Fortschritts“, „Bewahrung des Kulturerbes und der Erinnerung der Bulgaren in der Ukraine als Teil des bulgarischen Kulturerbes und der historischen Erinnerung“ sowie „Die Bessarabien-Bulgaren und die russische Propaganda – Wahrheiten und Lügen über Sprache und Identität“.
Unser letztes Gespräch mit der bessarabischen Bulgarin Tetjana Stanewa fand wenige Tage nach dem Sieg von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen statt. Das heutige wiederum erfolgt kurz nach dessen Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Alaska und den anschließenden Erklärungen. Ist das Ende des Krieges heute näher oder ferner?
„Es erscheint mir ferner, auch wenn ich mir wünschen würde, etwas anderes zu sagen. Anfangs wollten alle glauben, dass Trump radikaler handeln und den Krieg in 24 Stunden beenden würde. Wir hatten jedoch keine Illusionen und wussten, dass diese Worte reiner Populismus waren. Dennoch dachten wir, seine Absicht sei, rasch Ergebnisse zu erzielen. Doch nach einer Reihe von Treffen mit Putin und Gesprächen mit ihm wurde klar: Der amerikanische Präsident ist absolut unzuverlässig. Heute sagt er das eine, morgen das andere. Deshalb denke ich, dass die Zeit gekommen ist, in der wir weniger auf die USA bauen sollten. Jetzt hat Europa sein einziges Interesse – seine Sicherheit“, ist Stanewa überzeugt.
Sie betont, dass die Bürokratie, die dringende Entscheidungen verhindert, das Schicksal vieler Städte und Menschen in Europa gefährde. Und sie fügt hinzu: „Dieser Krieg wartet nicht. Er ist schnell und erfordert unkonventionelle Entscheidungen.“
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Autor: Joan Kolew
Übersetzt und veröffentlicht von Lyubomir Kolarov
Fotos: okofilmfest.com.ua, Facebook/ Tetiana Staneva
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