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Berlins regierender Bürgermeister Klaus Wowereit zu Besuch in Sofia

In Sofia traff Berlins regierender Bürgermeister Klaus Wowereit auch mit Regierungschef Bojko Borissow zusammen
Foto: BGNES
Berlins regierender Bürgermeister Klaus Wowereit weilte am Mittwoch und Donnerstag zu einem zweitägigen Besuch in Sofia. Zum Auftakt seiner Bulgarien-Visite ist Klaus Wowereit mit der Oberbürgermeisterin von Sofia zusammengetroffen. Mit Jordanka Fandakowa sprach er über die Zusammenarbeit zwischen beiden Städten sowie über mögliche deutsche Investitionen in der bulgarischen Hauptstadt. Anschließend hatte Wowereit Gespräche mit Bulgariens Regierungschef Bojko Borissow und Staatspräsident Georgi Parwanow.

Die bulgarische Hauptstadt Sofia platzt aus allen Nähten. Auf der Suche nach Arbeit und Ausbildung zieht es Menschen aus dem ganzen Land hierher. Jedes Jahr sind es 40 bis 50.000 Bulgaren, die neu in Sofia ankommen. Das hatte einen beispiellosen Bauboom zur Folge, ganze neue Stadtviertel sind entstanden. Alte Probleme blieben jedoch ungelöst. Am Stadtrand bröckelt die sozialistische Einheitsarchitektur der Plattenbausiedlungen. Ihre Sanierung ist seit Jahren ein Thema aller Sofioter Bürgermeister. Bisher hat es keiner zum Abschluss gebracht. Deshalb war das auch Thema der Gespräche von Bürgermeisterin Jordanka Fandakowa mit Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit, aber nicht nur:

"Berlin hat das innerhalb des Transformationsprozesses hinter sich gebracht. Hier haben wir riesige Wohngebiete mit erheblichen Plattenbauten, die saniert werden müssen. Die Menschen fühlen sich dann auch wohl, und wir haben das technische Know how dazu. Wir wissen, wie ein Gebäude heute energetisch nachhaltig saniert werden muss, so dass es zukünftig weniger CO2-Ausstoß und günstigere Betriebskosten hat. Da kann Berlin Sachverstand zur Verfügung stellen, und man muss natürlich Programme dafür auflegen, die das unterstützen, weil viele Eigentümer das nicht selbst werden bezahlen können. Es wäre fatal, wenn ganze Gebiete in einem Zustand blieben, wie sie sich heute befinden, wenn sie eine Entvölkerung zulassen. Daran kann keiner ein Interesse haben."

Neben der Sanierung alter Plattenbauten hat Sofia seine riesigen Infrastrukturprobleme noch nicht gelöst. Der tägliche Verkehrsstau gehört zum Leben der Hauptstädter, macht es aber keinesfalls angenehm. In den vergangenen 20 Jahren sind ganze Stadtviertel entstanden, die verkehrstechnisch kaum angebunden und auch nicht richtig an die öffentlichen Versorgungsnetze angeschlossen sind. "Große Städte müssen den öffentlichen Personennahverkehr fördern", betont Berlins Bürgermeister, und führt aus:

"Man kann eine Stadt nicht autogerecht bauen, das geht nicht, man kommt nicht hinterher. Auch in Sofia gibt es einen erheblichen Nachholbedarf bei Familien, die ein eigenes Auto haben wollen, oder sogar zwei Autos haben wollen. Dann muss es attraktive Alternativen dazu haben, also ein Netz an U-Bahn, an vernünftigen Buslinien, an S-Bahnen, auch Fahrradstreifen auf der normalen Fahrbahn, damit da auch Platz ist. Ein Mix also an Möglichkeiten, an Alternativen zum Pkw. Das geht nur, wenn das öffentlichen Nahverkehr attraktiv ist und bezahlbar bleibt."

Der U-Bahnbau in Sofia ist heute Gegenstand vieler Sofioter Witze. Die Sofioter U-Bahn hat eine lange Entstehungsgeschichte und ist immer noch nicht fertig. Die bulgarische Hauptstadt blickt auf eine über 7000-jährige Geschichte zurück und ist damit eine der ältesten Städte Europas. Und so ist eine der Schwierigkeiten beim U-Bahnbau, dass immer wieder wertvolle archäologische Funde ans Tageslicht kommen. Die Archäologie kann jedoch ein Touristenmagnet sein, zumal Sofia im Stadttourismus nicht unbedingt zu den attraktiven Städten Europas gehört.

"Richtig, Tourismus ist ein erheblicher Wirtschaftsfaktor für große Hauptstadt in Europa. Berlin hat Gott sei Dank einen richtigen Boom im Tourismus, das schafft Arbeitsplätze, das schafft Arbeitsplätze in der ganzen Branche, im Hotel- und Gaststättenbereich, im Einzelhandel, und das ist unerlässlich für eine Metropole. D.h. die Attraktivitätssteigung muss da sein. Wenn man hier so wunderbare archäologische Funde hat, aus Römerzeiten oder aus anderen Epochen, dann ist das zu konservieren, es so aufzubereiten, dass es touristisch zugänglich ist, eine Aufgabe, aber auf der anderen Seite muss man sehen, dass man die großen Infrastrukturprojekte trotzdem noch verwirklichen kann. Dazu gibt es aber ja heute Techniken, die beides möglich machen."

Unlängst veröffentlichte das britische Wirtschaftsinstitut Oxford Economics eine Studie, der nach die osteuropäischen Hauptstädte Bukarest, Sofia, Warschau und Prag in den kommenden fünf Jahren Europas Boom-Städte sein werden. Die Analyse der britischen Wirtschaftsexperten sieht für Sofia ein Wachstum von 6,3 Prozent 2015 vor. Trotz Wirtschaftskrise hat Sofia keine Finanzprobleme, und ist im Gegensatz zu Berlin nicht pleite. Würde Klaus Wowereit mit seiner Amtskollegin in Sofia tauschen?

"Es mag sein, dass Sofia weniger Finanzprobleme mit dem Budget hat, aber Berlin hat natürlich ein viel größeres Budget und ich denke, dass in vielen Infrastrukturfragen noch ein riesiger Nachholbedarf steht. Also insofern möchte ich dann doch lieber nicht tauschen."
По публикацията работи: Vessela Vladkova


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