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Jonko Grosew:„Die Freisprüche bei den meisten signifikanten Gerichtsverfahren zeigen, dass die Empfindung von Gerechtigkeit irgendwo verloren geht“

„Diese Studie führt eher zur Überlegung, dass es beim ursprünglichen Sammeln der Beweise für die Anklage hapert, die im Gericht bestehen kann“, sagt Jonko Grosew.
Foto: BGNES
Laut einer Studie der Risk-Monitor-Stiftung gibt es am Ende der meisten signifikanten Gerichtsverfahren zu organisiertem Verbrechen und Korruption einen Freispruch. Die Studie untersuchte den Verlauf von 18 Verfahren von großem öffentlichen Interesse im Zeitraum vom 1. Oktober 2009 bis zum 31. Mai 2010. Angeklagt waren Minister, hohe Angestellte und Magistrate, die dem Staat großen Schaden hinzugefügt haben oder große kriminelle Bosse. Von den abgeschlossenen insgesamt 13 Verfahren gab es 7 Freisprüche, bei drei Verfahren gab es sowohl Freisprüche, wie Verurteilungen. Und nur ein Verfahren, das gegen den Chef einer grenzüberschreitenden organisierten kriminellen Gruppe, dem Serben Budimir Kujovic endete mit der Verurteilung aller Angeklagten. Es gibt laut Jonko Grosew von der Risk-Monitor-Stiftung keine ernsthaften Gründe an der rechtlichen Gültigkeit und der Unvoreingenommenheit der gerichtlichen Entscheidungen in diesen Verfahren zu zweifeln. Die Freisprüche zeigen jedoch, dass die Empfindung von Gerechtigkeit irgendwo verloren geht – sagte in einem Interview für Radio Bulgarien der Rechtsanwalt Grosew.

„Diese Studie führt eher zur Überlegung, dass es beim ursprünglichen Sammeln der Beweise für die Anklage hapert, die im Gericht bestehen kann“, sagte weiter der Jurist. „Dort gibt es ernsthafte Probleme, die von einer Reihe von Beobachtern festgestellt wurden. Die Untersuchung von Korruption und organisiertem Verbrechen ist eine komplizierte Tätigkeit. Sie erfordert Ressourcen, Zeit, Erfahrung und Können. Und sie ist erst kürzlich zu einer politischen Priorität in Bulgarien geworden. Offensichtlich müssen die Institutionen bei uns noch lernen erfolgreich Beweise zu sammeln und die Anklage aufzubauen.“

Die Freisprüche machen in Bulgarien bei den gewöhnlichen Verfahren lediglich 5-6 Prozent aus, sagte Jonko Grosew. Bei den signifikanten Verfahren ist es jedoch ganz anders. In 95 Prozent der Fälle werden die Angeklagten frei gesprochen. „Das ist ein klares Zeichen dafür, dass das erfolgreiche Erreichen einer Verurteilung bei den Verfahren zu organisiertem Verbrechen und Korruption problematisch ist und unser System noch nicht damit fertig wird“, sagte der Fachmann.

„Bei einem großen Teil dieser Verfahren gibt es Probleme, die dem Verfahren schon bei der Untersuchung und der Anklageerhebung zugrunde gelegt werden“, erläutert Jonko Grosew. „Die Verfahren werden bei der Menge der Beweise, der Zahl der Anklagen und Angeklagten in einem Verfahren überfrachtet. Das führt zu Problemen in der nächsten Etappe. Außerdem wird nicht genug im Vorfeld des Verfahren zu den möglichen Thesen der Verteidigung gearbeitet, so dass es dem Staatsanwalt leichter fallen würde sich über die Aussichten im Gericht klar zu werden. Das sind die zwei grundlegenden Schlussfolgerungen zu den Problemen der Gerichtsverfahren zu organisiertem Verbrechen und Korruption und sie beziehen sich weitgehend auf die Arbeit der Staatsanwaltschaft. Beim Gericht gibt es Probleme mit der Schnelligkeit der Arbeit. Sie behindern den gesamten Prozess und unterminieren das Vertrauen zum Gericht. Der wichtigste Grund für die Vertagung der Verfahren ist in der Phase, in der das Gericht die Beweise sammelt und nicht, weil die Angeklagten oder ihre Anwälte nicht anwesend sind. Das letzte Problem, dass seinen Niederschlag in diesem Bericht fand, ist mit der Idee eines Sondergerichtes verbunden, das auf der Tagesordnung der Volksversammlung steht und im Programm der Regierung zur Verbesserung der Arbeit auf diesem Gebiet führen soll. Einerseits gibt es einen großen Rückstand bei der Behandlung der signifikanten Verfahren. Andererseits ist die Zahl dieser Verfahren sehr klein und die Investition in eine solche Institution führt zur Frage, ob sie effektiv und ausgelastet sein wird.“

Der unzureichende Erfolg bei den signifikanten Verfahren ist laut den Experten auch der unzureichenden individuellen Verantwortung der Magistrate verschuldet.
„Die Einführung eines solchen Systems der individuellen Verantwortung und überhaupt der Verantwortung für die Effektivität der Institutionen ist von entscheidender Bedeutung“, sagte Jonko Grosew. „Wie das mit der Erfordernis der Unabhängigkeit in Einklang zu bringen, ist eine komplizierte Frage. Auf sie gibt es vorerst in Bulgarien keine eindeutige Antwort auf professioneller und auf politischer Ebene, obwohl es immer öfter einen Widerhall gibt.“

Übersetzung: Vladimir Daskalov
По публикацията работи: Tatjana Obretenowa


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