Die „Erste unter den Städten“, „Die zentrale Stadt“ – so deuten die Wissenschaftler den Namen der frühmittelalterlichen bulgarischen Reichshauptstadt Pliska. Sie wurde von den ersten Herrschern des Ersten Bulgarenreiches auf der Balkanhalbinsel errichtet und bildete für rund zwei Jahrhunderte das Verwaltungszentrum des Reiches. Der Ort für den Bau der Hauptstadt wurde aus wirtschaftlichen Erwägungen gewählt – hier schneiden sich mehrere wichtige Handelswege und die Gegend ist reich an Viehweiden. Die Landschaft ist hüglig und bietet keinen natürlichen Schutz, was zu jener Zeit eher ungewöhnlich für das Anlegen einer befestigten Stadt war.
Heute werden die Überreste von Pliska jährlich von Tausenden Bulgaren besucht – weniger aus Neugier, als vielmehr auch Heimatliebe und Achtung des Werks unserer Vorfahren. Die Ruinen stehen rund zwei Kilometer von der heutigen nordostbulgarischen Stadt Pliska und 29 Kilometer von Schumen entfernt. 1970 erklärte man die altehrwürdige Hauptstadt, nunmehr ein Nationales Geschichts- und Archäologiereservat, zu einem Kulturdenkmal. Archäologische Grabungen werden bis heute durchgeführt, da die einstige Stadt ganze 27 Quadratkilometer einnahm.
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass Ende des 8. oder Anfang des 9. Jahrhunderts mit dem eigentlichen Ausbau als befestigte Stadt begonnen wurde. Die Bauten waren erstmals aus Holz, wobei der Herrscherpalast mit einer Mauer abgetrennt war. Als in einem der ersten Kriege gegen das benachbarte Byzanz die Stadt gebrandschatzt wurde, entstanden steinerne Bauten.
Neuerliche Veränderungen im Stadtbild traten mit dem offiziellen Übergang zur christlichen Region ein. Nach der Taufe des Fürsten Boris I. 864 und des gesamten Volkes wurden die heidnischen Kultstätten in Kirchen umgewandelt. Es beeindruckt vor allem der Bau einer gewaltigen Basilika. Die Anlage lehnt sich an den alten Petersdom in Rom an und wurde erst 875 vollendet. Sie misst rund 100 mal 30 Meter und war die größte jener Zeit auf der Balkanhalbinsel.
Im Jahre 893 wurde die Hauptstadt nach Preslaw verlegt. Die Stadt verfiel langsam und wurde im 11. Jahrhundert verlassen. Ihre Ruinen wurden während des ganzen Mittelalters, bis zum Ende des 19. Jahrhunderts als Steinbruch verwendet.
Die Erinnerungen an Pliska werden immer lebendig bleiben, versichert Christina Stojanowa, Hauptkustodin des Nationalen Geschichts- und Archäologiereservats Pliska. In dieser Stadt wurde der Beginn des bulgarischen Staates auf der Balkanhalbinsel gesetzt. Leider ist es heute eine Ruinenstadt – wir versuchen aber mit Rekonstruktionen und Computergrafiken ihr ehemaliges Aussehen wiederzubeleben. Er laufen auch weiterhin Ausgrabungen und Restaurierungsarbeiten. In diesem Jahr wurde beispielsweise beschlossen, den heiligen Brunnen im Hof der Großen Basilika freizulegen. Bereits vor 100 Jahren hatte man an ihm Grabungen vorgenommen, sie jedoch aus Sicherheitsgründen eingestellt. Das Interesse an Pliska ist groß“, setzt die Museumsmitarbeiterin fort. „In diesem Jahr sind mehr als doppelt so viele Touristen als im Vorjahr gekommen. Das Interesse schüren wir nicht nur mit den neuen Ausgrabungen, sondern auch mit unserer Museumsexposition.
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
Fotos: wikipedia.org
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