Die Frühjahrsprognose der Europäischen Kommission über die Wirtschaftsentwicklung der EU-Mitgliedsstaaten enthält recht viele lobende Worte für die Absichten der bulgarischen Wirtschaft, die in diesem und den zwei Folgejahren umgesetzt werden sollen. Die Öffentlichkeit in Bulgarien steht allem, was aus Brüssel verlautbart wird, äußerst verhalten gegenüber, denn man sieht in der EU-Zentrale so etwas wie einen reichen und sehr anspruchsvollen entfernt lebenden Onkel. Er spart nicht mit Kritik, hat stets etwas zu meckern und gibt ständig irgendwelche Empfehlungen, die als Weisungen aufgefasst werden müssen. Höchst selten kommen Lobesworte für gutgetane Arbeit.
Es verwunderte daher, dass die Europäische Kommission diesmal ein höheres Wirtschaftswachstum prognostiziert, als erwartet – ganze 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Nur zwischen den Zeilen ist zu lesen, dass die Wirtschaft Bulgariens langsamer vorankommt, als im vergangenen Jahr und in den kommenden Jahren nicht so einfach das 3prozentige Wirtschaftswachstum von 2015 erreichen wird. Nur am Rande tritt die Tatsache hervor, dass nur die Wirtschaft Estlands langsamer als die bulgarische vorankomme. Bulgarien ist nicht Schlusslicht, wie so oft, sondern „guter“ Vorletzter…
Die optimistische EK-Prognose verweist auf etliche positive Entwicklungstendenzen in der heimische Wirtschaft. So werde die Arbeitslosigkeit weiter sinken und annehmbare 8 Prozent erreichen. Der Inlandsverbrauch werde seinerseits steigen, was auch für den Export gelten werde. Die Deflation würde wiederum einer gesunden Inflation weichen. All diese guten Nachrichten werden von der Überzeugung der Brüsseler Experten abgerundet, dass das Haushaltsdefizit eine Senkung erfahren werde.
Angesichts all dieser positiven Perspektiven, die die Europäische Kommission der bulgarischen Wirtschaft vorhersagt, fehlt es natürlich nicht an Kritiken und Warnungen. So würde man in Bulgarien den Mitteln aus den Kohäsionsfonds eine übermäßig große Aufmerksamkeit schenken. Die Medien würden es nicht versäumen, auch über die kleinsten Projekte, die von der EU gestützt werden, zu berichten, wie natürlich auch über etwaige Probleme bei der Gewährung und dem Abruf der Mittel. Das kommt nicht von ungefähr, denn 70 Prozent aller öffentlichen Investitionen in Bulgarien stammen aus Europa. Darin sieht die Europäische Kommission eine Art Abhängigkeit von den europäischen Fonds. Die stockende Wirtschaftsentwicklung ist gerade auf stockende Gewährung und Abruf der Mittel zurückzuführen, schlussfolgern die EU-Experten. Sie haben Recht; das ist aber nur die halbe Wahrheit. Die andere Hälfte betrifft den nur ungenügenden Kapitalzufluss auf dem Ausland. Großinvestitionen werden immer rarer. Das heimische Kapital reicht aber nicht aus, um Großprojekte zu verwirklichen.
Trotz allem wird es mit der bulgarischen Wirtschaft aufwärts gehen. Wenn auch langsamer als notwendig erachtet. Die heimische Wirtschaft ist leider von etlichen äußeren Faktoren abhängig und so hängt der Wohlstand des Landes und seiner Bürger nicht nur von den Entscheidungen und Maßnahmen von Regierung und Geschäftswelt, sondern auch von den ausländischen und speziell den europäischen Märkten ab. Diesbezüglich gibt es etliche Probleme, weil in vielen EU-Ländern die Geschäftsaktivitäten auf Sparflamme laufen und der Import eingeschränkt ist, so dass auch der bulgarischen Wirtschaft nicht viel Spielraum bleibt.
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
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