„Soweit ich zurückdenken kann, wollte ich Künstlerin werden. Ich wusste seit frühester Kindheit, dass dies meine Berufung ist“. So beginnt unser Gespräch mit der charmanten Maria Iliewa, deren Bilder sich durch zahlreiche Details auszeichnen und sehr realistisch aussehen. Unter ihrem Pinsel entstehen nicht nur märchenhafte Illustrationen und Bildgeschichten für Kinder, sondern auch pittoreske Stillleben, grazile Gemälde und zarte Frauenportraits.
Maria Iliewa absolvierte die Nationale Kunstakademie in Sofia im Fach „Wandmalerei“. 1996 half sie mit ihrer Schwester bei der Gestaltung der Fresken in der Krypta der Russischen Kirche in Sofia.
„Das war ein ausgesprochen interessantes Projekt“, erinnert sich Maria Iliewa. „Man hatte eine sehr begabte und kundige Nonne mit diesen Wandmalereien beauftragt – Schwester Magdalina aus dem Knjaschewo-Kloster. Wir wurden auserkoren, ihr dabei zu helfen. Wir wandten unterschiedliche Techniken an, haben die Farben mit einer speziellen Eier-Emulsion verdünnt, die nach geheimem Rezept gemixt wurde. Von Schwester Magdalina haben wir unglaublich viel in Sachen Ikonenmalerei gelernt. Sie hat bei Ilija Beschkow und beim russischen Mönch und Ikonenmaler Nikolaj Schelechow gelernt. Wir wurden von ihr unterwiesen, halbtransparente Farben aufzutragen, in sanften, wunderbar weichen Nuancen.“
Diese Zartheit und Grazilität wird Maria Liewa etliche Jahre später auf die Abbildung junger Bulgarinnen in Volkstrachten übertragen. Bis 2007 aber fertigte sie unter anderem wunderbare Wandmalereien, die man ihr in Auftrag gegeben hatte.
„1997 war ich auf der Suche nach einem Ort, an dem ich meine Diplomarbeit umsetzen könnte“, erzählt die Künstlerin. „Ich habe den damaligen russischen Botschafter Alexander Awdeew um Hilfe angehalten und er hat mir eine Wand in der Schule an der russischen Botschaft in Sofia zur Verfügung gestellt. Ich habe ganze sieben Monate an dieser Wandmalerei gearbeitet. Mittlerweile hat man das Geschichtszimmer mit den Bildnissen der heiligen Fürsten Boris und Wladimir, die das Christentum in Bulgarien und Russland eingeführt haben und mit der Szene von „Christi Geburt“ in ein Museum der Schule verwandelt“, erzählt Maria Iliewa.
Betörend, charismatisch, atemberaubend schön sind die Bulgarinnen, die uns von ihren Bildern entgegenschauen. Das erste Bild eines Mädchens in einer Volkstracht wurde von der Galerie verworfen, in der die Künstlerin ihre Werke ausstellt, mit dem Argument, es sei überladen. Maria Iliewa zog den Schluss, dass dies wohl nicht ihr Metier ist. Nach geraumer Zeit wagte sie aber einen neuen Versuch und dieses Bild wurde ihr bereits im Bildrahmenatelier abgekauft. Sie deutete das als Zeichen, dass sie gute Arbeit geleistet hat. Und das motivierte sie weiter zu machen. Eben diese Serie mit Bulgarinnen in Volkstrachten als Inbegriff von Unschuld, Reinheit, Liebe und Schönheit etablierte Maria Iliewa zur bekannten Künstlerin, die sich durch einen eigenen, unnachahmbaren Stil auszeichnet. Ihre Portraits scheinen zu leben. Jedes strahlt unverfälschte weibliche Anmut und Grazie aus.
„Die Details nehmen viel Zeit in Anspruch. Damit die Gesichtshaut durchsichtig schimmert, die Augen glänzen und echt aussehen. Den Mund zu malen ist ziemlich schwierig. Auch bin ich sehr darauf bedacht, die Schatten im Gesicht zu mildern und das Schönste darin hervorzuheben“, erklärt Maria Iliewa.
Die ersten, die ihr Model stehen, sind ihre bildhübschen Töchter und deren Freundinnen. Danach sucht sie ihre Models im Internet aus und bald wird sie mit Aufträgen aus aller Welt überhäuft. Ihre Bilder schmücken Privatsammlungen in Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Japan, Russland und den USA.
„Viele Landsleute im Ausland empfinden Heimweh und wollen, dass ich ihre Frauen, Töchter oder sie selbst in Trachten oder Elementen daraus male. So habe viele interessante Schicksale und herrliche Menschen kennengelernt“, sagt Maria Iliewa und fügt hinzu, dass die Schönheit der Bulgarinnen die Leute in ihren Bann zieht, so dass sie sie ein Leben lang im Herzen tragen.
„Ich sehe meine eigenen Mängel. Wenn ich mich mit den weltbesten Künstlern vergleiche, dann sehe ich, dass noch viel zu tun ist“, gesteht Maria Iliewa. „Man muss wirklich sehr gut sein, um sich in Bulgarien mit Kunst zu befassen und davon zu ernähren. Das ist schwer. Ich bin aber sehr glücklich, dass sich weiter male und ich hoffe, dass sich in Zukunft noch mehr Menschen finden, die meine Kunst mögen.“
Übersetzung: Rossiza Radulowa
Fotos: Dessislawa Semkowska und Privatarchiv
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