Der Vorsitzende des Europäischen Parlaments Antonio Tajani vertagte im letzten Moment die Diskussionen und die Abstimmung des umstrittenen EU-Mobilitätspakets 1, gegen den sich Bulgarien und einige andere Länder aus der EU-Peripherie erklären, für die nächste Woche. In diesem Zusammenhang warnte Premierminister Bojko Borissow sich nicht zu früh zu freuen und appellierte an die bulgarischen Europaangeordneten für die nächste Abstimmung ihre Position abzustimmen und sich zu mobilisieren.
Die trotz der Vertagung durchgeführten Protestaktionen von Spediteuren in Sofia und Straßburg zeigen deutlich, dass keine zufriedenstellende Lösung für den Streit gefunden wurde, sondern lediglich einige Zugeständnisse in der gewünschten Richtung gemacht wurden. Nachdem die Verabschiedung des EU-Mobilitätspakets zum vierten Mal gescheitert ist, wurde er zur Überarbeitung und Berücksichtigung der 1200 vorgeschlagenen Änderungen an den Transportausschuss zurückgeschickt.
Bulgarien war bisher eines der EU-Länder, die immer gemäß den Erwartungen der großen Länder reagiert und über alles wie gewünscht abgestimmt haben, ohne Ansprüche an Brüssel zu stellen oder zu kritisieren. Zum ersten Mal erhebt Bulgarien seine Stimme und widersetzt sich den Beschlüssen.
Doch was genau gefällt den bulgarischen Spediteuren und Transportfirmen am Mobilitätspaket 1 nicht? Staaten wie Frankreich und Deutschland, von der Konkurrenz in EU-Staaten, die niedrigere Transportkosten bieten können, beunruhigt, haben durchgesetzt, dass beim internationalen Straßengüterverkehr die Fahrt als Dienstreise gilt und der Fahrer entsprechend der Tarife im Land, in dem er sich aufhält, entlohnt wird. Eine weitere Anforderung sind die wöchentlichen Ruhezeiten nicht in der LKW-Kabine, sondern im Hotel, sowie die Heimkehrverpflichtung alle 3 Wochen.
Diese Anforderungen sind von Bulgarien und den anderen so genannten Staaten an der Peripherie nicht zu stemmen und können nur von ganz großen Transportunternehmen in den entwickelten EU-Staaten eingehalten werden. Nach Ansicht des bulgarischen Verbandes der Transport- und Speditionsunternehmen gehe es hier um „einen Wirtschaftskrieg mit politischen Mitteln“, denn die osteuropäischen Firmen verfügen nicht über so große finanzielle Möglichkeiten.
Der bulgarische EU-Abgeordnete Swetoslaw Malinow ist der Ansicht, dass das Mobilitätspaket 1 als Ganzes gut ist, jedoch „spezielle Regeln gegen die bulgarischen Transportfirmen enthält“. Die auf Papier festgehaltenen besseren Arbeitsbedingungen für internationale LKW-Fahrer seien nur für die westeuropäischen Kollegen besser. Die Einhaltung der vorgeschlagenen Regeln werde in Osteuropa unweigerlich zur Reduzierung der Gehälter der Fahrer oder ihrer Zahl durch Entlassungen führen. Leidtragende in Bulgarien werden mindestens 200.000 Personen sein, behauptet Malinow.
Bulgarien und die übrigen osteuropäischen Länder wissen sehr wohl, dass sie nicht in der Lage sind, das Mobilitätspaket 1 zu Fall zu bringen, doch sie wollen zumindest, dass ihre Argumente und Vorschläge gehört werden.
„Wenn die einzelnen Punkte und Details des Reglements in einer ruhigen und normalen Atmosphäre von einem Parlament, das von den EU-Bürgern ein neues Mandat erhalten hat, erörtert werden und nicht von einem Parlament, das geht, dann werden die Diskussionen auch entsprechend konstruktiv sein“, unterstreicht der bulgarische EU-Abgeordnete Andrej Kowatschew, der fest überzeugt ist, dass es nicht richtig ist, dass das Europäische Parlament unmittelbar vor seiner Auflösung so wichtige Entscheidungen fällt. Es wäre gut, wenn die endgültige Entscheidung über das Mobilitätspaket 1 vom neuen Parlament gefällt wird.
Bulgariens Regierung und Transportminister Rossen Scheljaskow unterstützen kategorisch die Forderungen der bulgarischen Transportfirmen und Spediteure und schließen die Möglichkeit nicht aus, sich an den Europäischen Gerichtshof zu wenden. Sie sind der Ansicht, dass lediglich taktische Zeit gewonnen wurde, der „Transportkrieg“ gehe jedoch weiter.
Übersetzung: Georgetta Janewa
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