In diesem Jahr stehen in Bulgarien zwei wichtige Wahlen an – die Parlaments- und die Präsidentschaftswahlen. Schon zu Beginn des Jahres ist eine Dynamik in den politischen Strukturen zu beobachten. Präsident Rumen Radew, der das Datum für die Parlamentswahlen festlegen muss, hat bereits eine Reihe von Konsultationen für die Durchführung von fairen, transparenten und sicheren Parlamentswahlen gestartet.
Die Bewegung für Rechte und Freiheiten (DPS), die für das Gleichgewicht im politischen Raum sorgt, begann das Jahr mit der Bekanntgabe der Zusammensetzung ihres operativen Büros, das den Wahlkampf vorbereiten wird. Der Zentralrat der Partei verabschiedete eine politische Erklärung, in der es heißt, dass die diesjährigen Wahlen ein Test für alle Parteien, ihre Mitglieder und Unterstützer sein werden. Solange die Regierungspartei Teil der Krise und nicht der Lösungen ist, werde Bulgarien im Vergleich zu anderen europäischen Ländern in seiner Entwicklung zurückbleiben und immer schwieriger seinen Platz in der Region und in Europa finden, unterstreicht die DPS.
„Der Regierung der Junta ein Ende zu setzen und den sozialen Staat wiederaufzubauen“, appellierte der nach Dubai geflüchtete Oligarch Wassil Bozhkow. Im Internet gab er die Gründung der politischen Partei „Bulgarischer Sommer“ bekannt.
Ohne jegliches Gehör für die Beschuldigungen, dass sie mit der Pandemie und die daraus resultierende Krise nicht fertig wird, begann die Regierungspartei GERB das neue Jahr mit besonders hohem Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein. Der Premierminister Bojko Borissow verkündete sogar, dass es sich nach Monaten erweisen werde, dass „Bulgarien die Finanzen, die Wirtschaft und die Epidemie-Maßnahmen während der Krise am Besten gemanagt hat“.
„Das Wichtigste in der Milchmädchenrechnung von allen wird das Coronavirus sein“, kommentierte der Soziologe Parwan Simeonow in einem Interview für den BNR. Es werde wichtig sein, welche Taktik die Teilnehmer nach den Parlamentswahlen wählen. Dabei zeigte er zwei Varianten auf – alle gegen GERB oder eine “wiedergeborene“ GERB.
„Bei der ersten Variante „alle gegen GERB“ müsste sich das Unvereinbare in Form eines Experten- oder Programmkabinetts mit begrenztem Mandat vereinen, das unpopuläre Aufgaben erledigt und die Weichen für das Neue legt.
„GERB hat sich aktiviert, die IMRO ebenfalls, insbesondere in Bezug auf Nordmazedonien. Die DPS ist ebenfalls aktiv geworden. Erdogan versucht eine Annäherung und das bedeutet, dass er es aufgegeben hat, die Bewegung zu spalten. Vielleicht tut sich ein neuer Raum für Manöver für GERB auf. Die große Frage ist, ob sich GERB und die DPS verändern werden. Sollte das möglich sein, wird die Rechte künftig mit der Frage konfrontiert sein, ob sie bereit sein wird, mit einer reformierten prowestlichen GERB zusammenzuarbeiten und mit ihr eine Koalition bilden wird“, unterstreicht Parwan Simeonow und erinnert daran, dass vor den Protesten und der Corona-Krise Bojko Borissow sein Mandat als Ministerpräsident für das Letzte Mandat gehalten habe.
„Das Jahr 2020 hatte Borissow sich als historisches Benefiz vorgestellt, doch genau das Gegenteil ist eingetreten. Die Proteste und die Corona-Krise haben ihn veranlasst, an ein weiteres Regierungsmandat zu denken, weil er als positive Figur in der Geschichte verbleiben will. 2020 hat ihm diese Möglichkeit jedoch nicht gegeben.“
Die Meinungsforschungsagentur Exacta hat vier Parteien ausgemacht, die das Potential haben, die 4%-ige Wahlhürde zu überwinden, um ins Parlament zu gelangen. Politische Prognosen lassen sich jedoch schwer aufstellen und so ist das einzig Sichere, dass die nächste Regierung Bulgariens eine Koalitionsregierung sein wird.
Es seien jegliche Koalitionen möglich, sogar die jetzige Regierungspartei GERB mit der BSP, kommentierte für den BNR Walentin Wazew.
„Andererseits erscheint eine Koalition „jeder mit jedem“ als äußerst unattraktiv. Die Erklärung ist, dass es in Bulgarien keine moralischen, politischen und ideologischen Mehrheiten gibt. Die große Schwäche der politischen Elite ist ihre Unfähigkeit, sich zu grundlegenden Fragen zu einigen. Daher scheint zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine vorläufige politische Konstruktion lebensfähig zu sein“, schlussfolgert Wazew.
Redaktion: Elena Karkalanowa
Übersetzung: Georgetta Janewa
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