Wenige Stunden trennen uns von dem Augenblick, in dem wir den Namen des neuen bulgarischen Staatspräsidenten für die nächsten 5 Jahre erfahren. Nach den regulären Parlamentswahlen am 4. April war unser Dasein von einem ständigen Wahlkampf begleitet, der den Alltag unserer Landsleute im In- und Ausland geprägt hat. Deshalb ist das Hauptmotiv der Bulgaren, heute den Gang zu den Wahlurnen zu machen, die Hoffnung auf längerfristige Stabilität. In der Gestalt des Präsidenten suchen sie einen Garanten dafür, denn zu seinen Obliegenheiten als Staatschef zählt laut Verfassung auch die Pflicht, in Zeiten sozialer und politischer Unsicherheit die Bürger zu konsolidieren.
Radio Bulgarien hat im Ausland lebende Bulgaren befragt, welche Qualitäten ein für das Präsidentenamt würdiger Kandidat mitbringen sollte und was sie vom Präsidenten erwarten.
„Wir stimmen für einen ehrlichen Präsidenten, der Bulgarien im Ausland vertreten kann“, sagte Antonina Deltschewa. „Für einen intelligenten Menschen, der Fremdsprachen beherrscht und imstande ist, Kritik und Veränderungen zu akzeptieren. Bulgarien muss tiefgreifende Reformen und Veränderungen durchmachen, da es nach dem jetzigen Modell unmöglich weiter existieren kann“, ist unsere in London lebende Landsfrau überzeugt.
Margarita Takatsch, deren Familie Deutschland als ihre zweite Heimat auserkoren hat, sagt, dass die Funktion des Präsidenten zwar hauptsächlich repräsentativ zu sein scheint, dass er aber Befugnisse hat, die für das Land von Schlüsselbedeutung sind. Dazu gehören die Möglichkeit, einige der Ernennungen in der Justiz zu genehmigen, Kontrolle in einigen der Regulierungsbehörden auszuüben, indem er selbst Ernennungen dort vornimmt und er hat auch das letzte Wort bei der Annahme von Gesetzesänderungen. Margarita Takatsch äußerte die Hoffnung, dass, obwohl bisher immer ein Mann zum Staatsoberhaupt gewählt wurde, die Gesellschaft bei den nächsten Präsidentschaftswahlen bereit sein wird, eine Frau für das Präsidentenamt zu unterstützen. Und die Erwartungen an den Präsidenten sind universell, unabhängig von Geschlecht und Wahljahr.
„Der Präsident muss über Integrität, ein solides Wertesystem und eine hohe Moral verfügen. Eine Garantie dafür sollte seine Vergangenheit sein“, so Margarita Takatsch. „Er muss Autorität haben und den Menschen Vertrauen und Respekt einflößen. Er sollte seine Botschaften zugänglich und verständlich kommunizieren können und den Mut haben, sich hinter unpopuläre Entscheidungen zu stellen, die im Interesse der Nation sind. Ich hoffe, dass der neue bulgarische Präsident in außenpolitischen Fragen eine Haltung vertritt, die auf Prinzipien fußt, ohne Abhängigkeiten zu demonstrieren. Ich erwarte von ihm, dass er die Probleme der Gesellschaft kennt, sich nicht auf Populismus stützt, als persönliches Vorbild dient und Ideen zur Lösung von Problemen unterbreitet.“
Der Staatschef sollte unparteiisch sein und sich sowohl mit den politischen Parteien als auch mit jedem bulgarischen Bürger unvoreingenommen unterhalten können. Das erwartet vom neuen Staatsoberhaupt Nikolaj Wlajkowski, der in der Stadt Reading in Großbritannien lebt und arbeitet.
„Die Verfassung hat der präsidialen Institution genügend Macht eingeräumt und der Präsident sollte nicht auf neue, größere Vollmachen bestehen“, ist Nikolaj Wlajkowski überzeugt. „Wir sind keine Präsidialrepublik und sollten auch keine werden. Das Staatsoberhaupt muss überparteilich, in Krisenzeiten zu schnellen Entscheidungen bereit sein und sich mit von klugen und nicht korrupten Beratern umgeben. Der Präsident darf nicht vergessen, dass er, wenn er einen groben Verstoß gegen die Regeln zulässt, das Vertrauen der Menschen verliert und ein vorzeitiges Amtsenthebungsverfahrenriskiert.“
Die Gründerin der bulgarischen Schule „Assen und Ilija Pejkowi“ in Rom, Weneta Nenkowa, gehört zu jenen bulgarischen Staatsbürgern im Ausland, deren Liebe und Verbundenheit zur Heimat nicht nachlässt, sondern im Laufe der Jahre zunimmt. Sie versicherte uns, dass viele andere Bulgaren, die ihre Zeit und ihr Können dem Wohl Bulgariens widmen, genauso fühlen wie sie.
„Ich hoffe aufrichtig, dass der künftige bulgarische Präsident offen und sensibel für die Probleme der Bulgaren im Ausland ist“, betonte Weneta Nenkowa.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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