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Eklat in der Staatsanwaltschaft weist auf Krise der Staatlichkeit hin

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Die Woche in Bulgarien startete mit einer neuen Dosis Adrenalin in den oberen Machtetagen. Im Epizentrum steht diesmal die Staatsanwaltschaft, deren Chef Iwan Geschew nach seiner Rückkehr aus den USA eine Sonderpressekonferenz abhielt. Bevor er in einem langen Monolog die Fakten und Ereignisse im Zusammenhang mit seinem Rücktritt darlegte, warf er demonstrativ den Stift hin, mit dem er sein Rücktrittsgesuch unterschreiben sollte und zerriss es. Geschew versicherte, dass er sein Mandat zu Ende führen werde, beklagte sich jedoch über politischen Druck.

„Offenbar haben sich die Beziehungen im Staat derart zugespitzt, dass sich ein Krieg zwischen den Institutionen anbahnt. Darin besteht die große Gefahr“,  erklärte Rechtsanwalt Petar Slawow. „Wir können bereits von einer Krise der Staatlichkeit sprechen, denn wenn man zwischen den Zeilen liest, was der Generalstaatsanwalt gesagt hat, wird nicht nur deutlich, wie die Ämter in der Justiz besetzt werden, sondern auch welche „informellen Beziehungen“ zwischen Exekutive, Justiz und Staatsanwaltschaft bestehen. Die Gewaltenteilung, die in der Verfassung als eines der Grundprinzipien des Rechtsstaates verankert ist, wird nicht nur übergangen, sondern mit Füßen getreten.“



Peter Slawow zweifelt an den Aussagen von Geschew. Sollte aber auch nur die Hälfte von dem Gesagten wahr sein, müsse man ernsthaft über die Abschaffung des Amtes des Generalstaatsanwalts nachdenken.

Iwan Geschew hat keine Zukunft an der Spitze der Staatsanwaltschaft, meint Rechtsanwalt Nikolaj Hadschigenow, einer der aktiven Akteure während der Massenproteste gegen die Regierung und den Generalstaatsanwalt im Sommer 2020:

„Die Tatsache, dass Geschew jetzt mit denen in Konfrontation geraten ist, die ihn ernannt haben, ist vielleicht gut für uns Bürger. Sie wissen, dass die politischen Parteien, die an der Macht sind, einen Generalstaatsanwalt ernennen und er Befehle auszuführen beginnt. Das war auch die Aufgabe von Iwan Geschew“, so Nikolaj Hadschigenow. „Die Staatsanwaltschaft sollte in ihrer jetzigen Form abgeschafft werden, dasselbe gilt für den Nationalen Ermittlungsdienst, der der Staatsanwaltschaft angegliedert ist, für das Innenministerium und die Sonderdienste. Alle diese Institutionen sollten neu aufgebaut werden.“


Einer der Hauptgründe für die Lage im gesamten Justizwesen ist die strikte Zentralisierung in der Staatsanwaltschaft, meint Rechtsanwalt Dimitar Markow vom Rechtsprogramm des Zentrums für  Demokratieforschung. „Die Abschaffung dieser Zentralisierung ist ein Schlüsselfaktor für die Reform des Systems“, meint er.

„Wir sind Zeuge, wie die politischen Parteien sich zu überbieten versuchen, wer ein echter Verfechter der Justizreform und des Rücktritts von Geschew ist, aber es ist an der Zeit, in konkrete Handeln zu kommen“, kommentierte der politische Analyst Christo Pantschugow.

„Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, der Volksversammlung Gesetzesentwürfe vorzulegen, Ausschüsse zu bilden und Diskussionen über die Zukunft der Justiz zu führen. Das ist die einzige Chance für einen politischen Wandel in Bulgarien“, ist Christo Pantschugow überzeugt.

Borislaw Sarafow

Wenige Stunden nach der Pressekonferenz von Generalstaatsanwalt Iwan Geschew gab auch einer seiner Stellvertreter, Borislaw Sarafow, eine Pressekonferenz. Darin enthüllte er frappantes Fehlverhalten von Geschew als Chefankläger sowie Informationen über die Verwendung von Eigentum der Staatsanwaltschaft für persönliche Zwecke.

Nach Ansicht des Anwalts Mintscho Spassow besteht eine der Botschaften von Geschew wahrscheinlich darin, dass ihm seine Rolle als Generalstaatsanwalt inzwischen nicht mehr genügt und er bereits den Blick in Richtung Politik wirft, aus der seinen Worten zufolge der „politische Müll“ entsorgt werden sollte.

Autor: Joan Kolew

Übersetzung: Rossiza Radulowa

Foto: BTA


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