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Bildungsexperte Boris Michajlow: Bulgarien gehört zu den Vorreitern bei der Einführung von KI-basiertem kontextuellem Lernen

Künstliche Intelligenz rät den Menschen, sie als Werkzeug zu nutzen, aber nicht als Ersatz für Bildung

Foto: cpocreativity.com

Der Mensch gibt immer mehr Raum für Technologie frei, die er geschickt verwaltet und unter seiner Kontrolle hält. In diesem gemeinsamen Raum siedelt sich die künstliche Intelligenz schnell an.

KI, wie wir sie kurz nennen, hat in den letzten Jahren auch Einzug in die Klassenzimmer gehalten, um den Bildungsprozess den Generationen näher zu bringen, mit denen sie in einer gemeinsamen technologischen Welt koexistiert.

„Künstliche Intelligenz ist seit fast vier Jahren im bulgarischen Bildungswesen präsent“, sagtе Boris Michajlow, Bildungsexperte am Lernzentrum „Kreativität“ und Dozent an der PlowdiwUniversität „Paisii Hilendarski“.

Boris Michajlow

Seinen Worten zufolge nutzen die Kinder die KI hauptsächlich zum Lernen und manchmal auchbeim Schreiben von Hausaufgaben und Aufsätzen, und die Lehrer nutzen sie zur Entwicklung von Unterrichtsstunden.

„Ein interessanter Punkt ist, dass wir die Daten der Schüler einbeziehen und individuelle Unterrichtsmaterialien erstellen können, die ihren Anforderungen, ihrem Niveau und ihren Bedürfnissen entsprechen“, fügte der KI-Spezialist hinzu.

Das Lernzentrum entwickelt seine eigenen Systeme unter Verwendung von ChatGPT sowie Modelle der künstlichen Intelligenz, die für die Bildung in unserem Land entwickelt wurden.

„Wir haben ein Modell - einen kreativen Assistenten für Kindergärten, der Geschichten, Erzählungen und Lieder erstellt und sie für einzelne Kinder anpasst“, erzählte Boris Michajlow.

Auf der Grundlage dieser Modelle können wir ganz andere Märchen als die traditionellen erfinden und sie nutzen, um verschiedene Qualitäten in den Kindern zu fördern, damit sie in eine bestimmte Richtung phantasieren und die Normvorstellungen durchbrechen.

Ähnliche Modelle wurden auch für die Grundschulstufe und für die Oberstufe entwickelt. Die Schüler werden in Fächern wie bulgarische Sprache und Literatur, Geschichte, Wirtschaft, Betriebswirtschaft und anderen hochspezialisierten Fächern ausgebildet, um gute Leistungen zu erzielen.

„Verschiedene pädagogische Schulen sehen die Entwicklung des Fachs in unterschiedlichen Richtungen, und wir selbst kommen zu dem Schluss, dass das derzeitige Unterrichtssystem für die Generationen, die mit der digitalen Welt aufgewachsen sind, nicht effektiv ist. Deshalb wird in einigen Jahren immer mehr vom so genannten kontextuellen Lernen die Rede sein, das mit der künstlichen Intelligenz aufkommt. Dadurch können wir - unter Verwendung fächerübergreifender Ansätze - reale Situationen schaffen, in denen sich die Kinder wie im wirklichen Leben fühlen und Probleme im Zusammenhang mit dem, was sie gerade lernen, lösen können. Bulgarien gehört zu den Pionieren, die mit der Einführung dieses Bildungsmodells beginnen“, sagte Boris Michajlow.

Boris Michajlow weist darauf hin, dass Lehrer an bulgarischen Schulen im Ausland seit 2021 mit künstlicher Intelligenz unterrichten. Auf einer speziellen Konferenz in London (am 4. und 5. April) stellte der Experte ihnen das Thema innovatives Lehren und Lernen vor, und alle zusammen hatten, aufbauend auf dem geschaffenen Fundament, die Möglichkeit, in die Zukunft zu blicken, in der Hoffnung, der Zeit zumindest ein oder zwei Jahre voraus zu sein.

Wie alles in unserem Leben hat auch die künstliche Intelligenz zwei Seiten. Worauf müssen diejenigen, die sie in der Bildung einsetzen, achten?

„Die erste Gefahr ist die Verringerung des kritischen Denkens, denn sehr oft werden die Dinge, die in der künstlichen Intelligenz angenommen werden, für absolut wahr gehalten. Wenn Kinder mit künstlicher Intelligenz interagieren, gehen sie meistens davon aus, dass ihnen ein Mensch gegenübersitzt. Und drittens fangen sie an, sich an die KI zu binden. Es ist also sehr wichtig, der digitalen Psychologie mehr Aufmerksamkeit zu schenken, damit die Heranwachsenden eine klare Vorstellung davon haben, dass sie nicht mit einer echten Person kommunizieren, auch wenn diese noch so nah und nett ist“, antwortete Boris Michajlow.

Aber wer muss eingreifen, damit Kinder ihre Fähigkeit zu kritischem Denken und Kreativität bewahren können?

„Ich würde gerne „die Lehrer“ sagen, aber die Hauptrolle spielen die Gesellschaft, die Journalisten, das ganze System und vor allem die Eltern“, lautete die kurze Antwort von Boris Michajlow.

„Wir sollten etwas Wichtiges beachten“, sagte noch der Experte und kommentierte die Tatsache, dass die Schüler ihre Hausaufgaben oft mit Hilfe von künstlicher Intelligenz schreiben: „Unsere Kinder gehören zur „Alpha“- und Z-Generation, sie wurden mit der Technologie geboren, für sie ist sie nicht nur ein Werkzeug, sondern eine Lebensweise. Und hier stellt sich die Frage: „Wenn eine Maschine etwas gut kann, sollten wir dem Kind dann nicht beibringen, sie zu benutzen, anstatt es ihm zu verbieten?“ Das Problem ist, wie man neue Technologien in den Bildungsprozess einbindet.“

Boris Michajlow stellt der künstlichen Intelligenz all diese Fragen, und es stellt sich heraus, dass die Ansichten fast vollständig übereinstimmen. „Das Wichtigste, was die KI als Zusammenfassung gegeben hat, ist, dass es gut ist, sie als Werkzeug zu nutzen, aber nicht als Ersatz für Bildung“, sagte er. Nach Ansicht des Experten ist es am besten, traditionelle Methoden mit neuen Technologien zu kombinieren - wobei es vor allem darum geht, kritisches Denken und kreative Problemlösungen zu fördern.


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Übersetzung: Antonia Iliewa

Fotos: cpocreativity.com



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