Ein Alphabet, eine Botschaft an Europa und viele Hypothesen - das glagolitische Alphabet ist der Schlüssel zu unserem Erbe und unserer nationalen Identität. Anlässlich des 1170. Jahrestages seiner Entstehung werden wir in die Vergangenheit zurückversetzt, genauer gesagt ins 9. Jahrhundert, als die Brüder Kyrill und Method aus Thessaloniki die Grundlagen der slawischen Schrift schufen.
Und obwohl das genaue Datum der Entstehung des glagolitischen Alphabets umstritten ist und nach verschiedenen Chronologien berechnet wurde, ist seine Bedeutung grundlegend. Als erste grafische Darstellung der slawischen Sprache wird es als Phänomen und als bemerkenswerter kultureller Durchbruch in der damaligen Welt definiert.
In einem Interview für Radio Bulgarien sagte Prof. Dr. Elisaweta Mussakowa, Expertin in der Abteilung für Manuskripte und alte Drucke der Nationalbibliothek:
„Die Erschaffung des glagolitischen Alphabets, das selbst heute noch von Geheimnissen umhüllt ist, ist ein äußerst wichtiger Akt in der Geschichte der europäischen Kultur. Denn es wurde ein neues Alphabet geschaffen, das die Sprache eines Volkes festhielt, das bis dahin gewissermaßen an der Peripherie des damaligen Europas gestanden hatte. Auf der einen Seite haben wir die westlichen Staaten und auf der anderen Seite haben wir das große byzantinische Reich, und die Slawen standen irgendwo zwischen diesen Großmächten. Und plötzlich wurde ihre Stimme gehört. Denn laut der Hagiographie des Hl. Kyrill, dem Philosophen, war ihre Mission eine byzantinische Mission. Schließlich wurden sie zum großmährischen Fürsten Rastislav entsandt, mit der Aufgabe sicherzustellen, dass sein Volk die Heilige Schrift in seiner eigenen Sprache hören konnte, d. h. in Slawisch, nicht in Latein.“
Im Zentrum des glagolitischen Alphabets stehen drei heilige Zeichen: ein Kreuz, das das Christentum symbolisiert, ein Dreieck, das Zeichen der Heiligen Dreifaltigkeit, des Vaters und des Heiligen Geistes, und ein Kreis als Symbol für das Universum. Am wichtigsten ist jedoch, dass dieses Alphabet eine eigene visuelle Identität besitzt, die es von allen bekannten Schriften unterscheidet.
„Diese neue Schrift basiert auf den sogenannten phonetischen Alphabeten - d.h. für jeden Laut gibt es einen entsprechenden Buchstaben. Ich persönlich finde, dass dies die besten Alphabete sind - für jeden Laut gibt es auch ein grafisches Zeichen. Was man schreibt, ist das, was man spricht und hört, mit sehr wenigen Ausnahmen. Das glagolitische Alphabet wurde also nach dem Prinzip dieser phonetischen Alphabete geschaffen. Letztendlich folgt sie aber der Ordnung des griechischen Alphabets, das ziemlich maßgebend ist, da Byzanz damals die große Autorität war“, erläuterte Prof. Dr. Elisaweta Mussakowa.
Die Einzigartigkeit der Formen der glagolitischen Buchstaben ist nach wie vor Gegenstand von Forschungen, Hypothesen und Vermutungen. Bis jetzt liegt aber keine endgültige Antwort vor:
„Die interessantere Frage ist, was sind die spezifischen Buchstabenformen? Woher kommen sie? Warum sehen sie nicht wie die griechischen aus? Und warum ähneln sie keinem Alphabet, das bis heute geschaffen wurde? Und bis zu diesem Zeitpunkt (dem 9. Jahrhundert) gab es viele verschiedene Alphabete. Und hier beginnen die wissenschaftlichen Debatten und Spekulationen - ob die glagolitischen Buchstaben von der griechischen Minuskelschrift, der äthiopischen Schrift, einigen Buchstaben des hebräischen Alphabets usw. entlehnt wurden. Das sind einige der Hypothesen, die seit dem 19. Jahrhundert von Wissenschaftlern geäußert wurden. Bis heute gibt es keinen vollen Konsens darüber, welche Formen der Buchstaben diesen fremden Alphabeten entlehnt sind und welche eine Erfindung des Hl. Kyrill sind“, so Prof. Mussakowa.
Nach den grausamen Verfolgungen in Großmähren wurden die Schüler der heiligen Kyrill und Method in Bulgarien aufgenommen. Leider ist keine der uns überlieferten glagolitischen Handschriften datiert. Wir wissen weder, welches die ersten Bücher in glagolitischer Sprache waren, noch können wir sagen, ob jene, die erhalten sind, in den heutigen bulgarischen oder mazedonischen Gebieten entstanden sind oder ob es sich um spätere Kopien handelt, die im Katharinenkloster auf dem Sinai erstellt wurden“, sagte Prof. Dr. Mussakowa.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
Veröffentlicht von: Marta Ros
Fotos: Facebook/ glagolitisches Alphabet, BNR, Institut für bulgarische Sprache, Weneta Pawlowa
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