Sendung auf Deutsch
Textgröße
Bulgarischer Nationaler Rundfunk © 2025 Alle Rechte vorbehalten

Mach dich mit keiner Sache gemein. Auch nicht mit einer guten.

БНР Новини
Foto: BGNES

"Lasst die Journalisten nicht verhungern" – dieser Ausrutscher einer ehemaligen bulgarischen Außenministerin vor mehr als 15 Jahren scheint nach wie vor Leitmotto so manch eines bulgarischen Politikers von heute zu sein. Und während dieser Satz damals heimlich mitgeschnitten wurde, um anschließend zu einem der größten Medienskandale in Bulgarien zu avancieren, erlaubt sich ein Minister von heute ähnliche Kommentare ganz offen im Beisein von Journalisten. Beide Medienskandale erschütterten die Öffentlichkeit, in den Medien schwellte eine Welle der Empörung an, doch, die eigentliche Diskussion über die Distanz der Journalisten von der Politik im Namen der eigenen Würde und Glaubwürdigkeit wird bald abebben.

"Ich habe sie mir ausgepickt, um keine Skandale zu produzieren" – mit diesem Satz wird ein aktueller bulgarischer Minister in Erinnerung bleiben. Der konkrete Anlass ist eine prestigeträchtige bulgarische Ausstellung im Louvre. Der besagte skandalträchtige Minister hatte für die Ausstellungseröffnung eine Handvoll Reporter eingeladen, auf Kosten seines Ministeriums an Bord der Regierungsmaschine nach Paris zu fliegen. Verpflegung und Spesen inklusive. Es seien jene Reporter, die jahrelang über die Vorbereitung der Ausstellung berichtet hätten. Entscheidet aber nicht die Redaktion, ob ein Thema für das Publikum wichtig ist, so dass sie selbst ihre Reporter auf eigene Kosten hinschickt? Dass Journalisten Politiker an Bord der Regierungsmaschine auf Regierungskosten begleiten, ist sicherlich kein bulgarisches Patent. Es geht aber um das Maß, denn die meisten der ausgewählten Journalisten betrachten die Einladung des Ministers als eine Art Verdienst und Auszeichnung für ihre Arbeit. Auch das ist nicht neu – wir kennen aus den Jahren vor 1989.

Die zarte demokratische Gesellschaft in Bulgarien (wir, Journalisten eingeschlossen), hat offensichtlich immer noch Schwierigkeiten mit der Gewaltenteilung nach de Montesquieu. Und obwohl der französische Baron die vierte Gewalt nicht definiert hat, ist das Teilungsprinzip eine untrennbare Errungenschaft der Demokratie. Aus neueren Zeiten stammt ein Vermächtnis von Hanns Joachim Friedrichs, das die Ausbildung und Berufsausübung einer ganzen Journalistengeneration geprägt hat. Kurz vor seinem Tod 1995 sagte der ehemalige Tagesthemen-Moderator in einem Interview für den Spiegel: "Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten." Seit mittlerweile 20 Jahren zeichnet der Hanns-Joachim-Friedrichs-Verein Journalisten für ihre Arbeit als neutrale Beobachter aus. Es wäre zu naiv und idealistisch zu glauben, dass ein völlig neutraler Journalismus möglich sei und dass ein Journalist ohne Beeinflussung arbeiten könnte. Täglich verstoßen wir gegen das Prinzip der Neutralität und Objektivität. Doch, das sollte uns nicht davon abhalten, nach dem Ideal zu streben, und auch Seitensprünge nicht unter den Teppich zu kehren. Denn, wie der Chefredakteur von ZEIT ONLINE Jochen Wegner sagt, "die Demokratie lebt besser mit Journalisten, die weiter ihren romantischen Idealen nachhängen."



Последвайте ни и в Google News Showcase, за да научите най-важното от деня!

mehr aus dieser Rubrik…

Premier beruft wegen „Lukoil“-Fall Minister und Behördenchefs zu einem Treffen ein

Ministerpräsident Rossen Scheljaskow hat für 11.00 Uhr eine Beratung einberufen, nachdem die USA Sanktionen gegen „Rosneft“ und „Lukoil“ verhängt haben.  Dem Premier werden Berichte zum Fall von den Ministern des Innern, des Auswärtigen, für..

veröffentlicht am 24.10.25 um 10:20
Rumen Radew

Bulgarien und Vietnam sollten ihre strategische geografische Lage besser nutzen

„Bulgarien und Vietnam sollten ihre strategische geografische Lage nutzen – Vietnam in Südostasien, Bulgarien in Südosteuropa, als Tor für alle Waren und Dienstleistungen, die aus Asien nach Europa gelangen.“  Das erklärte Präsident Rumen Radew bei..

veröffentlicht am 23.10.25 um 16:30
Bojko Borissow

Bojko Borissow zum Fall „Lukoil“: Wir könnten eines Tages ohne Treibstoff dastehen

Die Regierungsparteien seien vorab über mögliche Sanktionen gegen russische Ölkonzerne und insbesondere gegen „Lukoil“ informiert gewesen, erklärte der Vorsitzende der GERB, Bojko Borissow, am Rande der Volksversammlung, wie die Reporterin des..

veröffentlicht am 23.10.25 um 14:35