Vom EU-Beitritt Bulgariens vor zehn Jahren konnten nicht alle der kleinen und mittleren Unternehmen im Land profitieren. Für manche taten sich neue Horizonte auf und sie können die Möglichkeiten nutzen, die ihnen der einheitliche EU-Markt bietet. Andere verfügten aber nicht über ausreichend Kapazitäten, um sich an die neue Situation anzupassen, so dass ein Teil dieser Unternehmen ihre Tätigkeit einstellen oder sie diversifizieren musste. Das sagte in einem Interview für Radio Bulgarien die Vorsitzende der Vereinigung der kleinen und mittleren Unternehmen in Bulgarien Eleonora Negulowa.
„Die positiven Momente nach dem EU-Beitritt überwiegen aber“, ist Eleonora Negulowa überzeugt. „In den letzten drei-vier Jahren hat sich das Geschäftsklima für Kleinst-, Klein- und mittelständische Unternehmen verbessert und sie verfügen über mehr Kapazitäten, um sich unter ihren Konkurrenten der EU zu behaupten. Die meisten Kollegen verstehen inzwischen die Unternehmenskultur in der EU und wissen, wie sie die eigene Wettbewerbsfähigkeit steigern können“, sagt Eleonora Negulowa.
Die Mittel, die kleine und mittlere Unternehmen in der ersten Planperiode abgerufen haben und die ihnen momentan zur Verfügung stehen, belaufen sich auf ca. 5 Milliarden Euro. Sie bieten der Branche gute Entwicklungschancen. Deshalb ist nicht weiter verwunderlich, dass Kleinunternehmen oft mit Verunsicherung reagieren, wenn von Problemen bei der Verwaltung von EU-Fonds oder von einer Aufhebung von EU-Förderprogrammen die Rede ist. Es geht dabei wirklich um viel Geld“, meint Eleonora Negulowa. Außerdem haben die kleinen und mittleren Unternehmen in Bulgarien durch Niedrigzinskreditierung, den Fonds Jeremie und die Bulgarische Entwicklungsbank etc. Zugang zu enormen Ressourcen erhalten.
„Der Anteil der kleinen und mittleren Unternehmen an der Gesamtzahl aller Unternehmen in Bulgarien beträgt real 99,2 Prozent. Sie erwirtschaften 60 Prozent des BIP. In vielen Regionen sind das die wichtigsten Steuerzahler, Arbeitgeber und die einzigen Investoren. Im Kontext der jüngsten Konjunkturentwicklung in Europa kommt diesen Unternehmen eine extrem große Bedeutung zu. Nicht von ungefähr setzt sich die Europäische Kommission zunehmend dafür ein, dass in den einzelnen EU-Staaten ein günstiges Geschäftsklima geschaffen wird, weil es für das soziale und Wirtschafsleben dort ausschlaggebend ist. In Bezug auf Bulgarien kann man behaupten, dass die kleinen und mittleren Unternehmen ein Element der nationalen Sicherheit darstellen, da in Grenz- und Gebirgsregionen und an Orten, wo die demographische Krise besonders drastisch ist, die Rolle der Kleinunternehmen aus sozialer Sicht extrem wichtig ist“, meint Eleonora Negulowa.
In den letzten zehn Jahren haben Kleinst-, Klein- und mittlere Unternehmen über 70 Prozent der Beschäftigung und der neuen Arbeitsplätze in Bulgarien gesichert. Sie müssen sich aber ständig anpassen und in einem sich stetig ändernden Umfeld arbeiten. Damit sich eine Firma nachhaltig entwickeln kann, sollte sie in ihrer Tätigkeit vor Ort unterstützt werden, rät Eleonora Negulowa und weiter:
„In den 27 Jahren seit der Wende konnte in Bulgarien leider keine zuverlässige Struktur zur Beratung und Unterstützung von Unternehmen geschaffen werden“, bedauert Eleonora Negulowa. „Viele Konsultationsdienstleistungen sind für die kleinen und mittleren Unternehmen unerschwinglich. Von Justizdienstleistungen ganz zu schweigen. Oft verzichten kleine Unternehmen aus Mangel an Finanzen und wegen den langwierigen Verfahren vor Gericht zu ziehen. Die Probleme der kleinen und mittleren Unternehmen werden keine langfristige Lösung finden können, solange nicht eine Behörde geschaffen wird, die die Koordination zwischen den einzelnen Institutionen übernimmt. Die jetzige Agentur zur Förderung der kleinen und mittleren Unternehmen verfügt nicht über die notwendigen Ressourcen, um diese Rolle zu spielen. Es muss noch viel getan werden. Wenn den Politikern die Bedeutung der kleinen und mittleren Unternehmen im sozialen und Wirtschaftsleben des Landes bewusst wird und sie die richtigen Lösungen zur Entwicklung dieses Sektors finden, werden sie zu Staatsmännern reifen“, sagte abschließend Eleonora Negulowa.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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